Jaaah, hm. Folgender Text ist mal was anderes. Ob sinnfrei oder sinnvoll ist jedem selbst überlassen. Ist eine mehr als kurze Kurzgeschichte, hat keinen wirklichen Anfang und kein Ende, einfach zeitlos. Ist vielleicht eher Sci-Fi/Utopie... Es kommt nicht schlimmes vor, ist nur etwas schwarzer Humor oder so.
Kritik, Verbesserungsvorschläge oder Gedanken zu dem Thema einfach posten. Würde mich freuen ^^
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Heute war der Tag.
Heute war DER Tag.
DER Tag aller Tage.
Heute würde sie es tun.
„Heute werde ich es tun!“ Etwas verstohlen blickten grüne Augen in den Spiegel. Die junge Frau musterte sich im Spiegel. Ihre Augen waren blutunterlaufen, ihre Wangen eingefallen und ihre Hautfarbe war ein kränkliches Weiß. Sie kam sich so fremd vor. So unecht. Als würde sie nicht sich im Spiegel betrachten, sondern eine andere Person. Sie fühlte sich unwohl und wandte den Blick ab.
Was war schon dabei, fragte sie sich. So viele Menschen hatten es schon getan. Es gab so viel gute Kritik. Und immerhin war es gesetzlich vorgeschrieben. Nun musste sie es also tun. Rasch flog ein Puderpinsel über ihr Gesicht und versetzte der Schminke, die kein bisschen die Unebenheiten und blutunterlaufenen Augen abdeckte, den letzten Feinschliff. Nervös zupfte sie an ihren offenen Haaren herum, denn immerhin wollte sie einen guten Eindruck vermitteln.
„Guten Tag! Herzlich willkommen! Haben Sie einen Termin?“ Eine Frau in blauem Anzug und einem blickenden Stöpsel im Ohr hieß die junge Dame willkommen. Etwas irritiert schaute sich die Besucherin um. Sie stand mitten in einer gläsernen, runden Empfangshalle und musterte die Werbeeinspielungen, die über die Gläser huschten.
„Ich bräuchte ihren Namen und ihre Karte“, begann die Empfangsdame und tippte mit ihren Fingern sachte auf eine große Glasplatte, auf der allmögliche Informationen flimmerten.
„Ich habe keine Karte“, antwortete die junge Frau und riss ihren Blick von der Werbewand los.
„Ach Sie sind neu hier?“
Ein Nicken.
„Sehr schön! Dann müssten Sie nur kurz hier mit ihrem Zeigefinger bitte einmal hin tippen.“ Die Empfangsdame reichte eine kleine quadratische Glasplatte. Zögerlich drückte die Frau ihren rechten Zeigefinger auf die Glasplatte und reichte diese zurück.
„Vielen Dank!“ Die kleine Platte wurde auf den Tisch gelegt und schon blinkten plötzlich alle Informationen über die junge Dame auf dem Tisch auf.
„Aaaah, Frau Susan Bennett. Wie ich sehe haben Sie einen Termin mit Herrn Thompson. Hier bitte schön“, die Empfangsdame reichte Susan eine kleinen, münz-artigen Chip.
„Sie können sich da drüben“, die Dame zeigte nach links „in den Transporter stellen. Sie kommen dann in Thompsons Büro.“
„Danke“, murmelte Susan und setzte sich in Bewegung.
„Guten Tag Frau Bennett! Ich bin Michael Thompson, willkommen!“
Für Susan würde er Herr Thompson bleiben.
„Hallo.“
„Kommen Sie, kommen Sie, hier setzen Sie sich doch bitte!“
Mit einem leicht schwindeligen Gefühl nahm Susan in einem der unbequem Stühle Platz. Von den Transportern wurde ihr immer leicht schwindelig und übel, daher war sie ganz dankbar sich setzen zu können.
„Nun Frau Bennett, es freut mich, dass Sie sich für unsere Firma entschieden haben!“ Herr Thompson war ein etwas kleinerer, stämmiger Mann mit schütterem grauem Haar. Ob alle Mitarbeiter einen Sonderrabatt in der Firma hier bekommen, fragte sich Susan und schüttelte den Gedanken gleich wieder Beiseite.
„Also“, begann Herr Thompson und lächelte Susan an „was kann ich für Sie tun?“
„Nun, ich bekam vor ein paar Tagen eine Mahnung, dass ich mich um eine O.S.M bemühen solle. Deshalb bin ich hier.“
„Hach jah, die offizielle Sterbe-Maßnahme, jeder Bürger muss bis zum 25 Lebensjahr eintragen, woran er oder sie stirbt. Schön, finden Sie nicht“, säuselte Herr Thompson in einem fröhlichen Ton.
„Haben Sie denn schon eine Vorstellung wie Sie sterben möchten?“
Susan schwieg. Nur alleine darüber nachzudenken, fand sie völlig absurd.
„Haben Sie keine Informationsnachrichten darüber erhalten?“
Ein Kopfschütteln.
„Okay, wir beide werden schon etwas ausarbeiten. Ich würde sagen, dass wir uns heute erst mal alle Möglichkeiten ansehen, ich Ihnen eine Auswahl mitgebe und wir uns in ein paar Tagen dann zum Vertragsabschluss nochmal treffen. Denn es soll ja immerhin ihr perfekter Tod werden.“ Nach Susans Geschmack klang Herr Thompson immer noch zu fröhlich, sie nickte aber nur.
„Gut, dann geht es erst mal darum, das Feld einzugrenzen. Wir, die Firma T.O.D GmbH, bieten eigentlich alles an. Da wären diverse Selbstmorde, wie ertrinken, ersticken, erhängen, dann können Sie natürlich auch durch jemanden umgebracht werden. Dann hätten wir auch die Kategorie Unfall, da wären einmal Eigenverschulden oder Fremdverschulden. Natürlich können Sie auch Massen-Unfall wählen. Da muss ich Ihnen aber gleich vorweg sagen, dass es dort zu Wartezeiten kommen kann, je nachdem wie viele Personen beteiligt sind. Also wie Sie sehen, es gibt keine Grenzen. Egal ob Schiff, Flugzeug, Raumkapseln oder sonstige Transportmittel, wir stellen alles zur Verfügung.“ Ein sehr breites Lächeln lag auf den Zügen des Verkäufers.
Susan schwieg immer noch.
Meine Güte was mache ich hier eigentlich?
„Falls Sie jemanden suchen, der sie umbringt, können wir Ihnen natürlich helfen.“
Susan blickte den Mann verwirrt an.
„Sie sehen mir nicht nach Selbstmord aus. Wissen Sie, ich arbeite hier nun seit fast dreißig Jahren“, Susan hätte eher fünfzig Jahre geschätzt „und ich kann sagen, dass ich mir eine gute Menschenkenntnis angeeignet habe. Bei vielen Leuten sehe ich auf Anhieb wie sie sterben wollen, auch wenn sie es selbst noch nicht wissen. Und Sie, Susan, sehen mir nicht nach einem Selbstmord aus.“
„Aha“, der Versuch freundlich und fröhlich zu klingen scheiterte maßlos.
„Ich finde, Sie sehen eher nach Totschlag oder Unfall durch Fremdverschulden aus.“
Aha, er kennt mich also?
„Hm sehen wir mal. Wenn Sie ermordet werden wollen und Sie jemanden speziellen in Erwägung dafür ziehen, müssten Sie das mit mir besprechen. Denn einerseits muss dann natürlich der Antrag eingereicht werden, dass diese Person die Genehmigung für den Tötungsakt erhält und andererseits legen wir als Firma natürlich auch Wert darauf, dass Täter und Opfer gut harmonieren. Falls Sie niemanden haben, dann werden wir Ihnen natürlich eine geeignete Auswahl an Kandidaten vorstellen, die ihren Wünschen natürlich entsprechen.“
Kann ich Sie umbringen?
„Bei Krankheiten und Unfällen gibt es, wie ich schon erwähnte, eine Wartezeit. Diese Veranstaltungen sind eben sehr stark abhängig von der Art der Krankheit, Übertragungsweg, Dauer und Therapiewahl, oder bei Unfällen eben die Anzahl der Personen, dem Transportmittel, dem Ort und diversen anderen Faktoren, wie Jahreszeiten und auch wann Sie überhaupt sterben wollen.“
So eilig habe ich es eigentlich nicht. Wer stirbt denn bitte freiwillig an einer dahinraffenden Krankheit?
„Sie können natürlich auch einen eigenen Unfall verursachen, dafür gibt es natürlich auch verschiedene Kategorien. Oder Sie können an einer Naturkatastrophe teilnehmen. Diese wird jedoch nur im zwei Jahres-Rhythmus angeboten.“
Wie meine Freunde wohl sterben? Immerhin hat mir noch keiner etwas erzählt. Sie wollen mir die Spannung nicht nehmen, selbst auszusuchen. Wie verrückt ist das eigentlich.
„Nun, falls Ihnen diese Sachen alle zu sittlich sind, wir haben auch einige Todesarten für die Hartgesottenen unter uns. Da gibt es unter anderem…“
„Nein, danke“, unterbrach Susan und schüttelte vehement den Kopf. Sie wollte es nicht mal Ansatzweise hören, was es da alles gab.
„Ah, also haben Sie sich schon entschieden?“
Du meine Güte, ich habe keine Ahnung! Seit wann ist Sterben eigentlich so kompliziert geworden?
Susan dachte darüber nach, dass es anscheinend vor vielen Jahrhunderten üblich war, dass die Menschen zufällig starben. Zufällig! Wie skurril. Das konnte sich Susan gar nicht vorstellen.
„Ich.. äh… würde vielleicht die Unfälle oder Naturkatastrophen ganz interessant finden.“
Herr Thompson lächelte und tippte auf seinem Glastisch wild herum.
„Nun, sehr schön Susan, dann fangen wir mal an ins Detail zu gehen…“
Was ist aus Frau Bennett geworden?
Leicht taumelnd verließ Susan den „Todestrakt“, wie allgemein scherzhaft das Gebäude der T.O.D GmbH genannt wurde, und starrte mit kreidebleichem Gesicht auf die kleine Glasplatte, die sie am liebsten zerschmettern würde. Susan hatte sich dazu entschieden heute noch eine Todesart auszusuchen, denn sie hätte es niemals ein zweites Mal in das Gebäude geschafft. Und so stand auf der kleinen Glasplatte drauf, wann und wie sie sterben würde.
Was wohl ihre Eltern und Freunde zur gewählten Todesart sagen würden?