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Christoph Marzi - Lycidas und anderes

Mahogany
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Christoph Marzi - Lycidas und anderes

Beitragvon Mahogany » Mo 07 Nov, 2011 20:28

Einigen von euch wird dieser nicht mehr ganz so neue Autor, Christoph Marzi, sicherlich etwas sagen (zumindest sind seine Bücher teilweise in dieser BücherFilme-Ecke, deren Launch ich irgendwie verpasst haben muss).
Ich bin erst vor ein paar Wochen auf der Buchmesse auf diesen relativ jungen, aber bereits mehrfach ausgezeichneten Autor und dessen Geschichten um Emily Laing und die Uralten Metropolen gestoßen, lies: Die Romane Lycidas, Lilith, Lumen (und Somnia; letzteres hab ich noch nicht, dafür Lyra und Fabula), die ich gerade munter verschlinge. Das Setting ist, oberflächlich betrachtet, weder neu noch innovativ: Jede große Metropole Europas hat eine Unterwelt, die Uralten Metropolen, voller alter, längst abgerissen geglaubter Gebäude, vergessener Götter und wunderlichen Wesen mit den herausragendsten Fähigkeiten. Als die Waisenkinder Emily Laing und Aurora Fitzrovia mit ansehen müssen, wie ein Kind aus ihrer Mitte von Werwölfen geraubt wird, verlassen sie das Waisenhaus des grausamen Reverend Dombeys und lernen den Elfen Maurice Micklewhite und den Alchimisten Mortimer Wittgenstein kennen, die sich nicht nur als mentoren der beiden Mädchen annehmen, sondern sie auch durch ein Abenteuer nach dem nächsten begleiten.

Insbesondere zwei Aspekte haben es mir besonders angetan:
Zum einen der ganz eingene Stil, dessen sich Marzi befleißigt. Ich meine, ja, jeder Autor hat irgendwo seinen persönlichen Schreibstil, der Marzis allerdings ist auf den ersten Blick gewöhnungsbedürftig in seiner - ich möchte fast sagen - Nüchternheit, allerdings ist auch das nicht unbedingt das richtige Wort dafür. Was ich sagen will, ist, dass ich mir stellenweise ein bisschen mehr Epik wünsche, andererseits aber ist dieser knappe Stil, der unnötige Längen absolut tabuisiert und zum Teil monosyllabische Satzkonstruktionan aneinanderreiht und damit aber intensive Spannungen zu erzeugen vermag definitiv einzigartig und hebt sich aus der Masse deutlich ab. Chapeau, Monsieur Marzi!
Zum anderen evoziert Marzi eine Bildqualität, wie ich sie in den Filmen von Guillermo del Toro so schäntze (etwa in Hellboy II oder Pans Labyrinth): Vollkommen surreal anmutende Szenen und Wesenheiten, seltsam in sich verdreht und einfach irgendwie "nicht richtig", dadurch in allerhöchstem Maße beklemmend und doch wunderschön - genial!

Ich kann euch die Bücher nur ans Herz legen und wärmstens empfehlen, und natürlich halte ich euch über meine weitere Lektüre auf dem Laufenden!
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Beitragvon Lycidia » Mo 07 Nov, 2011 20:54

Yeeeehaa.... Ich liebe Lycidas. Wie man sich wohl fast schon denken konnte ;)
Wobei ich finde, dass der erste Band der beste ist, Lilith und Lumen sind ungefähr gleich gut und Somnia.... zugegebenermaßen, den hab i ungelesen weitergegeben :D Einfach nur, weil ich zu viel darüber gehört hab, was mir net gefallen hat. außerdem war mir die "neue Emily" unsympathisch ;)

Ansonsten.... die Bücher sind einfach.... lustig geschrieben. Nüchtern würd i jetz net sagen, aber der kurze Satzbau und eben die wiederholung von Phrasen wie "fragen sie nicht" bleiben einfach hängen :D
Ich glaub i sollte sie au nomal lesen :D
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Beitragvon Amalthea Pan » Mo 07 Nov, 2011 21:08

Hm, jetzt wo ich die Buchtitel lese, fällt mir ein dass da ja mal was war.
Hört sich auf jeden Fall ziehmlich gut an was ihr da über die Bücher schreibst. So ein surrealer Aspekt ist mir bei meinen bisherigen Büchern nicht wirklich aufgefallen, könnte interessant werden. Sieht so aus, als müsste ich mal wieder einkaufen gehen...
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Beitragvon Mahogany » Mo 07 Nov, 2011 21:16

Lycidia: Ich sag ja, nüchtern ist das falsche Wort, aber als episch ist der Stil jetzt auch nicht gerade zu bezeichnen, und auch die repetativen Wendungen leisten da ihren Beitrag dazu. Es fällt sogar mir zur Abwechslung mal schwer, einen Schreibstil in präzise Worte zu fassen, ich werde diesbezüglich noch einmal in mich gehen müssen.
Mich schrecken deine Bemerkungen zu "Somnia" nicht ab - zumindest noch nicht, hab den schinken bereits bestellt. ;)

Amalthea: Ja, dieser Aspekt in der Figuren- und Schauplatzgestaltung ist auch nicht überzubewerten, aber definitiv vorhanden. War ehrlich gesagt das erste mal, dass mir so etwas außerhalb der Leinwand in diesem Maße untergekommen ist (nicht mal in delToros eigenen Büchern war das so stark zu spüren, wie ich finde). Viel Spaß beim Shopping!
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Beitragvon Wehwalt » Mo 07 Nov, 2011 23:46

Vielleicht komme ich ja bei Gelegenheit darauf zurück. Der Tipp hört sich spannend an.
Surreal - wie surreal denn im Vergleich mit dem Golem von Meyrinck? Denn mehr brauch ich definitiv auch wieder nicht in Langprosa ...
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Beitragvon Mahogany » Di 08 Nov, 2011 18:51

Ich meine, man kann die Marzi-Texte um die Uralte Metropole durchaus mit Meyrinck vergleichen (er wird sogar im ersten Band als Referenz herangezogen), würde jedoch Meyrinck (insbesondere den "Golem") nicht zwingend als vergleich heranziehen, wenn es um die surreal anmutenden stellen geht, da bleibe ich bei dem Verweis auf delToro. Diese Elemente sind jedoch keineswegs das Charakteristische an diesem Zyklus, sie tauchen immer wieder im Verlauf der Handlung an einzelnen, nicht einmal besonders exponierten Stellen auf.
Man kann allerdings ein gewisse Ähnlichkeit der Grundstimmungen feststellen zwischen Marzi und Meyrinck, eine Aussage, die nicht spezifisch auf einen Roman bezogen ist, sondern vielmehr auf den Zyklus selbst Anwendung finden kann. Sofern ich zeit finde, nehme ich mir den "Golem" noch einmal vor, dann kann ich detailliertere Informationen liefern, so musst Du Dich leider vorerst mit diesen Aussagen zufrieden geben.

Oder Du bildest Dir selbst ein Urteil, eine Leseprobe des ersten Romanes von Marzi findest Du hier:
http://www.randomhouse.de/book/edition.jsp?edi=383441
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Beitragvon Amalthea Pan » Di 08 Nov, 2011 23:47

Ich hab mir auch mal die Leseprobe zur Gemüte gezogen. Ich muss dieses Buch haben, mein Illustrationsherz schlägt höher, ständig tauchten Bilder vor meinen Augen auf. Und die Grundestimmung dieser ersten Seiten gefällt mir auf jeden Fall schon einmal sehr. Allerdings musste ich mich immer wieder daran erinnern, dass die Geschichte ja in der heutigen Zeit spielt und nicht im viktorianischen Zeitalter.
Aber kaufen werde ich es auf jeden Fall demnächst.
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Beitragvon Victor Krum » Di 08 Nov, 2011 23:51

Zu dem Buch und der Reihe gibt es übrigens auch Informationen bei uns im Fantasy-System :D
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Beitragvon Mahogany » Do 10 Nov, 2011 18:54

Danke, Victor, ist mir auch gerade aufgefallen!
Amalthea: Es ist schwer, festzustellen, wo genau das zeitlich angesiedelt ist - aber ich will nicht zu viel verraten! Heyne bringt die Reihe jetzt als Taschenbuch auf den Markt, aber mir gefallen die älteren Ausgaben von der Ausstattung her besser.
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Beitragvon Mahogany » Fr 18 Nov, 2011 21:53

Gestern hat ein weiteres Marzi-Buch seinen Weg in mein Regal gefunden: "Grimm", in dem Marzi, aufbauend auf die Märchensammlung der Gebrüder, die geschichte eines Mädchens namens vesper Gold erzählt, die am eigenen Leibe erfahren muss, dass es manchmal besser wäre, sich an die Mahnungen in den Kindergeschichten zu halten...
Mir wurde glaubhaft versichert, das Buch sei wahnsinnig gut, verkaufe sich aber eher schlecht - vielleicht, weil die Leute es für eine Märchensammlung halten? "Grimm" ist jedenfalls ein Roman, ein Märchen für (Fast-schon-)Erwachsene, und wird auch demnächst gelesen werden.
Leseprobe gibts hier: http://www.randomhouse.de/Buch/Grimm-Ro ... edi=325998
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Beitragvon Mahogany » Mo 28 Nov, 2011 22:14

Lycidia: Du hast recht, die neue Emily ist... seltsam. Ich gebe ihr zwar eine Chance, aber irgendwie werde ich nicht so echt warm. Leider ist keine Fortsetzung der Reihe geplant, zumindest bis jetzt nicht. Schade!
Zuletzt geändert von Mahogany am Mi 01 Feb, 2012 20:06, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitragvon Mahogany » Fr 20 Jan, 2012 18:41

Ich habe gestern Nacht "Grimm" zu Ende gelesen und bin begeistert! Großartiges Buch, nicht nur für Jugendliche.
Vesper Gold, die Protagonistin, verliert unter mysteriösen Umständen ihre Eltern, beide sterben kurz nacheinander. Völlig allein stellt sie schnell fest, dass sie von seltsamen Gestalten verfolgt wird - den Märchenwölfen etwa? Immer redet sie sich ein, dass das nicht sein kann. Außerdem geschehen noch andere merkwürdige Dinge auf der Welt: Immer wieder fallen Kinder von einer Sekunde auf die andere in einen tiefen Schlaf, und in den darauffolgenden Nächten durchleiden deren Eltern schlimme Albträume. Verzweifelt macht sie die Bekanntschaft von Leander Nachtheim, dem Ähnliches widerfahren ist, und gemeinsam wollen sie sich dem real gewordenen Märchen-Bösen stellen - trotz all der Zweifel, ob sie hier wirklich die Guten sind...

Hier gibt es nicht nur ein schönes Wiedersehen mit Kindermärchen, Marzi erzhlt hier eine Geschichte, die gerade in ihrer Traurigkeit und Tragik wunderschön ist und einen beim Lesen nicht mehr los lässt. "Grimm" behält man definitiv im Kopf, ein Buch, das einem nahe geht.
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Beitragvon Mahogany » Fr 27 Jan, 2012 16:39

Eine meiner Schreiberlinge hat eine klasse Rezension zu "Grimm" verfasst: http://www.schwarzesbayern.de/V2/index. ... ileContent

Enjoy!
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