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The Vision of Dylan [Part 2]

Lady Midnight
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The Vision of Dylan [Part 2]

Beitragvon Lady Midnight » Mi 26 Jan, 2011 23:43

Es ist wieder soweit. Fünf Uhr nachmittags, die Schule ist aus, die Kids sind zuhause. „Nur ich steh wieder hier draussen, wie ein Vollidiot, im Regen. Und wieso das Ganze? Gott ich wünschte, es wäre einfacher. Ich wünschte, das Leben wäre einfach, mein Herz würde aufhören zu fühlen und mein Verstand aufhören, zu denken. Vielleicht sollte ich sterben….“, zu sich selbst flüsternd stand ein Junge im Regen. Die meisten Lichter im Gebäude vor ihm waren bereits aus. Der Himmel hatte sich verdunkelt, grau und trostlos näherte sich der Abend dieses kalten Novembertages. Dylan schloss die Augen und dachte an sie. Wie er sie zum ersten mal gesehen hatte, als er in diese neue Schule kam. Ihr weisses Kleid, damals im Sommer, und der braune Schal, der im Wind flatterte… Ihre langen, dunkelroten Locken, die nach Zimt und Oleander dufteten, als sie an ihm vorbei lief… Ihre magische Aura, die ihn jedes Mal kitzelte wenn er sie sah...Er sah ihr immer nach. Oder lief an ihr vorbei, doch nie hatten sie sich in die Augen geschaut. Diese grünen Augen… Ja, er gab es zu, schon seit einem Jahr liebte er sie. Josephine… Ihr Name schon war ein Gedicht, ihr Aussehen die reinste Poesie. Doch sie ahnte nichts von seinen Gefühlen. Er hatte noch nie mit ihr gesprochen. Wahrscheinlich wusste sie nicht einmal, dass er existierte. Besser so, dachte er. Er hatte seine Gründe, wieso es nicht sein durfte, wieso er sie nicht ansprechen durfte. Schliesslich war er ein Freak. Ein Ausseinseiter. Manche würden ihn als verrückt bezeichnen... Aber heute war alles anders, heute hatte er sich entschieden. Er würde mit ihr sprechen, alle Gründe ausser Acht lassen. Seit einer Woche kursierten Gerüchte, sie sei mit diesem Jack zusammen. Mit diesem Nichtsnutz, der letztes Jahr schon dutzende Mädchen abserviert hatte. Ausserdem wusste Dylan, dass er in gefährlichen Kreisen unterwegs war. Und Josephine war… so ahnungslos. Wenn sie wüsste… Doch wie konnte er es ihr weissmachen? Dass sie etwas besseres verdiente, auch wenn er selbst nicht derjenige sein konnte? Wie konnte er überhaupt erwarten, dass sie ihm zuhören würde? Sie kannten sich nicht. Wahrscheinlich würde sie Angst vor ihm kriegen. Das fühlten die meisten, wenn sie mit ihm redeten. Aber sie musste ihn anhören! Seine Muskeln spannten sich an, der Regen fiel unaufhörlich und seine Gedanken kreisten immer um die selbe Vision… Sie, sterbend. Jack, dieser Mistkerl, seine Augen vor Schock geweitet. Dylan wusste nicht, was geschehen war, weshalb sie starb. Alles, was er wusste war, dass es wegen Jack passieren würde. Und er musste sie davor bewahren.

Er stutze einen Augenblick. Vielleicht war es eine Vision über Jack, und nicht über Josephine. Vielleicht musste er sich ihn vorknöpfen, um alles in Ordnung zu bringen. Alles in Ordnung bringen, was noch nicht einmal passiert ist, dachte er süffisant bei sich. Er hasste seine Visionen. Als Kind hatten sie sich nie erfüllt, weil meistens etwas dazwischen kam, was die Zukunft änderte. Irgendwann hatte er aufgehört zu reagieren, wenn sie kamen. Und irgendwann wurden sie weniger…. Doch manchmal, ganz selten, passierte es. Und er erstarrte und sah, und sah doch nicht… Ja, vielleicht sollte er Jack eliminieren.

Da öffneten sich die Schultore, und Josephine rannte raus. Sie hatte keinen Schirm bei sich. In kürzester Zeit war er bei ihr, hielt seinen Schirm über ihre beiden Köpfe und starrte sie an. Sie starrte zurück. Sie schienen in diesem Augenblick Statuen zu sein, bewegungslos, erstarrt. Wieso konnte er sich nicht bewegen? Wieso sagte sie nichts? Ihre Augen… hielten ihn fest. Er musste wegschauen, um wieder atmen zu können.Er räusperte sich. „Hi, wir kennen uns noch nicht“, sagte er, immer noch wegschauend. „Ich.. Ich weiss“. Ihr flüstern war kaum zu hören, so laut prallte der Regen auf den Boden. „Ich muss dir etwas sagen. Du… du musst mir glauben. Es geht um Jack O’Connel. Er ist gefährlich. Er wurde vorbestraft, zwei Mal, wegen … Mein Vater ist Sherriff in der Ortspolizei.“, er stockte. Ihr Atem ging schnell, doch sie konnte ihm nichts entgegnen. „Wenn du mit ihm zusammen bleibst, wirst du vielleicht sterben.“, schloss er und versuchte, sein Gesicht möglichst ernst aufrecht zu erhalten. „Woher….?“ Begann sie, doch da hatte er ihr den Schirm schon in die Hand gedrückt und lief davon, so schnell er konnte. An der nächsten Ecke blieb er stehen. Er war schon weit ausser Sicht, sie würde ihn nicht sehen. Es donnerte. Er schlenderte langsam weiter. Ich muss hier weg, irgendwo in Ruhe nachdenken. Seine Aktion hatte ihn aufgewühlt. Das Schlimmste war der letzte Ausdruck auf ihrem Gesicht, es ging ihm nicht mehr aus dem Kopf. Sie hatte ihm nicht geglaubt, natürlich nicht. Er lief weiter, ohne es zu merken, bis zum Waldrand des Rainy Forest. Auf der anderen Seite des Waldes wohnte er. Doch normalerweise nahm er den Umweg über die Stadt, um nachhause zu kommen. Nur an schönen Tagen lief er durch den Wald. Vor einem Pfad bieb er stehen. Heute war kein schöner Tag. Doch wenn er sich beeilte, wäre er in einer halben Stunde wieder zuhause. Kurz entschlossen lief er weiter, den Pfad entlang in den Wald. Wieso hatte sie ihn überhaupt weiterreden lassen? Es war absurd. Wahrscheinlich würde sich seine Vision nicht einmal verwirklichen. Doch die Möglichkeit, sie zu verlieren… dass sie nicht mehr auf der Welt wäre, lebendig, vor seinen Augen wo er sie betrachten konnte… Nein das durfte nicht sein. In einiger Entfernung hörte er den Bach, der hier durchfloss. Heute hörte es sich viel lauter an, das lag aber wahrscheinlich am Regen. So zermürbt lief er weiter und bevor er sich versah, rutschte er aus. Noch halt suchend, schleifte ihn der nasse Waldboden den Pfad runter, bevor er halt machen konnte. "Verdammt…was..!“, doch da war es schon zu spät um zu reagieren.
Der ganze Boden war durchgeweicht und der Bach, der in Entfernung hätte sein sollen, floss nun genau vor seinen Füssen. Und es war kein Bach mehr, es war ein tosendes Wasser. Er versuchte sich, an irgendetwas festzuhalten, doch die Zweige waren zu dünn und gaben keinen Halt, seine Sicht war verschwommen durch den Regen. Mit einem Keuchen riss ihn das Wasser an sich und hielt ihn in seinem tosenden Fluss, während er angestrengt zu schwimmen versuchte. Er geriet in Panik, seine Bewegungen nützten nichts, der Fluss riss ihn mit sich und überschwemmte ihn. Er würde seinen Wunsch erfüllt bekommen und sterben, dachte er noch. Da hörte er ein unnatürliches Plätschern. Eine Sekunde später griffen zwei Hände nach ihm und er hielt sich mit aller Kraft an diesen Händen, während er sich wie ein Klumpen Eis fühlte, durchgefroren und bewegungsunfähig. Plötzlich wurde das Tosen weniger, und mit einer Mühe katapultierte er sich, und der Mensch neben ihm, auf den steinigen Boden des Flussrandes. Er keuchte und hustete viel, neben sich hörte er ebenfalls ein flaches Atmen. Was war passiert?

Er drehte seinen Kopf, um zu sehen wer neben ihm lag und…erstarrte. Sie? Nein, das machte gar keinen Sinn. Josephine richtete sich halb auf, als sie seinen fragenden Blick spürte und schaute ihn – zornig – an. „Was, zum Teufel, hast du dir dabei gedacht?! Du..!“, sie holte drei Mal tief Luft. Ihr Zorn verflog so schnell, wie er gekommen war und ihr Gesicht nahm langsam erleichterte, freundliche Züge an. Er konnte noch immer nicht sprechen. Als sie seinen Ausdruck sah, legte sie sich wieder hin. So blieben sie liegen. „Ich bin dir gefolgt“, gestand sie nach einigen Minuten. Sie atmeten beide wieder gleichmässiger. „Wieso?“, ihm fiel nichts besseres ein.
„Für einen Future Providere bist du aber ziemlich ungebildet.”, gab sie schalkhaft zurück und lachte auf. “Okay, ich weiss, dass du besondere Fähigkeiten hast. Macht das einen Sinn?” Sie schaute ihn direkt an, und er konnte nicht anders als auch sie anzuschauen. Wieder war da dieser …Bann, etwas, das ihn festhielt. Er konnte nicht wegschauen. Langsam sagte er “Aber… woher weisst du das? Und wie konntest du überhaupt in diesem Fluss schwimmen?!”.
Sie wartete einen Moment. Dann verblüffte sie ihn völlig. “Ich weiss es, weil ich auch Visionen habe. Aber ich kann nur die Zukunft der Menschen sehen, die mir etwas bedeuten. Deshalb war ich auch in letzter Zeit oft mit Jack unterwegs... Ich kenne ihn seit der Vorschule, und ich wusste, dass ihm etwas passieren würde, wenn ich nicht.... Naja. Und in dem Moment, als du mich heute Abend angesprochen hast, wusste ich, dass du mir etwas bedeutest.... Wir haben die Verbindung zwischen uns. Es ist in der Tat aussergewöhnlich… wie dem auch sei. Auf jedenfall habe ich gesehen, dass du heute sterben würdest, wenn ich nichts dagegen unternehmen würde. Und das wollte ich dir nicht antun”, ergänzte sie ganz verspielt und lächelte.
“Warte. Das ist zu viel... Aber wie bist du geschwommen, das war unmöglich! Selbst ich…”, setzte er an doch sie unterbrach ihn. “Ach, das war leicht. Mit den Visionen kommt auch die Kraft, sie zu verhindern. Aber das wirst du alles noch lernen, wenn du ein richtiger Providere wirst. ”. Sie seufzte. Da lag er nun neben ihr, beide voll durchnässt und erschöpft. Er kroch langsam zu ihr. Neben ihr angekommen drehte er seinen Kopf zu ihr und schaute sie an und fand … alles. “Du hast mir das Leben gerettet.”, flüsterte er, “dabei wollte ich heute deins retten”. Und ohne ein weiteres Wort beugte er sich zu ihr runter und küsste sie.
Zuletzt geändert von Lady Midnight am So 30 Jan, 2011 11:34, insgesamt 3-mal geändert.
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Beitragvon RavenLaGrande » Do 27 Jan, 2011 06:44

1-Shot? Im Sinne von "Geht nicht weiter"? :(
Ok, mal von Anfang ^^ Dein 1-Shot gefällt mir sehr gut. Das Ende ist, zumindest für mich, in dieser Form nicht vorhersehbar gewesen. Ich war wirklich überrascht und das hat mir besonders gut gefallen. Ich hätte sehr gerne noch mehr gelesen, weil ich die Idee sehr mag.
Dein Schreibstil liest sich auch sehr schön flüssig und abwechslungsreich. Mehr davon, bitte!
Einziges Manko, das ich gefunden hab: In den ersten beiden Sätzen beginnst du im Präsens, verfällst nach der wörtlichen Rede aber ins Präteritum. Absicht?
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Beitragvon Lady Midnight » Do 27 Jan, 2011 08:49

Nein, die ersten beiden Sätze waren als "Gedanken" geplant, deshalb Präsens, damit danach seine Worte kommen.. Ich ändere das um. *gg*
Danke. Ja, ich bin am überlegen ob ich eine Fortsetzung schreiben soll.... Ich entscheide mich je nach den Reviews. =)
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Beitragvon RavenLaGrande » Do 27 Jan, 2011 09:47

Ah so, jetzt verstehe ich! Dann hab ich nichts gesagt ;)
Also ich bin auf jeden Fall für eine Fortsetzung! Wäre sonst zu schade drum.
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Beitragvon Ashlyn » Do 27 Jan, 2011 20:55

*_*
Wie endsüß zum Schluss - obwohl es ja fast etwas kitschig ist; wenn nicht sogar etwas überstürzt mit dem Kuss. Aber egal. Es ist trotzdem sehr knuffig. :3

Die Idee hinter dem One-Shot gefällt mir wirklich sehr, sehr gut. Daher würde mich eine Fortsetzung sehr reizen, vor allem, da ich deinen Schreibstil sehr mag.
Und das Ende war wirklich sehr überraschen. (:

Schreib bloß weiter - wäre echt schade drum, wenn es bei dem One-Shot bleiben würde. :3

:knuddel:
Deep into that darkness peering, long I stood there wondering, fearing | Doubting, dreaming dreams no mortal ever dared to dream before | But the silence was unbroken, and the darkness gave no token [...] | poe (the raven)

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Beitragvon Lady Midnight » Do 27 Jan, 2011 21:46

Ihr seid ja lieb. =) Ich poste morgen den zweiten Teil. Der wird auch vielleicht nicht so gefallen aber nagut... Mal schauen, wohin das führt :D Danke.
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Zoe St.Claire
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Beitragvon Zoe St.Claire » Sa 29 Jan, 2011 01:49

Na das ist ja eine interessante Geschichte..... aber warum nur so wenig!
Ich will mehr!
Dein Schreibstil liest sich ziemlich gut und deine Charas sind echt interessant.
Was für mich anfangs wie eine einfache Geschichte im hier und jetzt anfing wurde durch die Visionen direkt auf eine Fantasyebene katapultiert und von da aus bekam es für mich so ein bisschen ein Gefühl von Science-Fiction, bzw. einer zukünftige Welt (durch den Begriff Providere) das finde ich sehr cool.
Doch ich will nun wissen in wo ich genau gelandetbin.
Das ganze erinnert mich an eine Englischlektüre die ich mal gelesen hab: The Giver von Lois Lowry - ein wirklich gutes Buch (und recht kurz, also: Alle lesen)
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Beitragvon Lady Midnight » So 30 Jan, 2011 11:21

*gg* Danke Zoe. Ja, sowas hatte ich auch vor, ehrlich gesagt ^^ Ich bin dabei, eine neue Welt zu erschaffen :P
Musste mir halt überlegen, welche Welt noch toll sein könnte ohne ein Vampir oder Zauberer zu sein und das war nun ganz schön schwierig. ^^
Die Fortsetzung folgt im 2. Posting. =)
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Beitragvon Lady Midnight » So 30 Jan, 2011 11:34

Josephine


Zuerst war sie sehr erstaunt über seinen plötzlichen Kuss und das Kribbeln in ihrem Bauch, das darauf folgte. Er küsste sie mit einer Inbrunst, die sie schockierte und die sie nicht für möglich gehalten hätte… Aber was machst du da? Du hast einen Freund, verdammt!, dachte sie plötzlich wütend auf sich selbst und fasste sich wieder. Sie durfte Dylan keine unerfüllbaren Hoffnungen machen. Sie war vergeben. Für immer. Sie seufzte innerlich. Sanft, aber bestimmt, stiess sie ihn von sich und stand auf. „Ich.. äh. Wir sollten nachhause gehen.“, erwiderte sie nach einem Moment nüchtern und marschierte los. Es war eisig mit den nassen Klamotten und ein heisses Bad war genau das, was sie jetzt brauchte. „Warte. Wohin gehst du? Wir müssen in diese Richtung.“, er zeigte auf einen Pfad, das rechts von ihnen entlang führte. „Ich wohne ganz in der Nähe. Du musst dich umziehen, sonst erkältest du dich.“.
„Nein danke, ich schaffe es schon bis nachhause“, sagte sie skeptisch. Er grunzte unzufrieden. Sie hatte keine Lust auf noch so eine intime Szene, und diesmal dann noch bei ihm zuhause. Und ehrlich gesagt, gestand sie sich ein, sieht er zu gut aus. Sie hatte auch ein wenig Angst, sich selbst nicht beherrschen zu können. Schliesslich hatte sie die Verbindung mit ihm, und eine recht starke noch dazu. Sie waren füreinander automatisch attraktiv. Merkwürdig, dass sie es nie realisiert hatte. Immerhin hatte sie ihn oft beobachtet in der Schule, wenn auch unbewusst. Er hatte etwas, was ihr gefiel. Er war gross, hatte zersauste Haare und schöne, braune Augen. Ausserdem hatte er etwas sehr männliches an sich, das ihn älter aussehen liess als 17. Und gefährlicher, dachte sie bei sich. Hm, das war in der Tat merkwürdig. Gefährlich? Providere‘s sahen von Natur aus vertrauenswürdig und offen aus. Nur so konnten ihnen die Menschen Glauben schenken, und das war wichtig. Doch soweit sie sich erinnern konnte, war Dylan immer ein Aussenseiter gewesen, abseits der Massen. Die anderen Schüler mieden ihn…. Wieso? Es war merkwürdig. Sie würde Isak fragen, sobald sie zuhause war. Er kannte für jede Frage eine Antwort. Und sie müsste ihm gestehen, dass Dylan sie geküsst hatte. Er würde es sowieso herausfinden. Besser jetzt, denn nie, dachte sie resignierend. Vor ihrem Freund konnte sie nichts verbergen. „Josephine? Hey..?“. Dylan schaute sie verstört an. „Hast du mir zugehört? Es ist viel zu gefährlich, jetzt den Weg zurück zu gehen. Der Boden ist aufgeweicht, wir sollten so schnell wie möglich aus dem Wald raus. Komm jetzt.“, bevor sie etwas entgegnen konnte, hatte er sie an der Hand gepackt und lief eiligst vorwärts.

Sie kam aus dem Bad geschlendert, ihre Haare waren noch nass. Und dieses übergrosse Shirt war so bequem. Plus, es war seins, und roch so gut nach ihm…. Er sass auf dem Sofa im Wohnzimmer, auch in trockenen Kleidern, und zappte zwischen verschiedenen Sendern hin und her, ohne etwas richtig anzuschauen. Sie ging langsam näher zu ihm und blieb vor dem Sofa stehen.
„Wer bin ich?“, fragte er nach einer längeren Pause. Sie stutzte einen Augenblick, setzte sich dann aber doch auf das Sofa und nahm tief Luft. „Du bist ein Future Providere. So wie ich auch. Du kannst in die Zukunft sehen, oder in eine Möglichkeit der Zukunft, und es verhindern. Allerdings… kann man das nicht so genau sagen, es ist bei jedem Providere anders. Ich kann, wie du weisst, nur die Zukunft der Menschen sehen, die mir nahe stehen… durch irgendeine Weise. Mein Freund Isak ist ebenfalls ein Pro. Seine Fähigkeit umfasst nicht nur eine Vision von einer bestimmten Zukunft. Es ist ein wenig kompliziert“, sie seufzte und kuschelte sich tiefer in das Sofa. „Er sieht alle Zukunftsmöglichkeiten, die bestehen, je nach dem was er machen würde. Das heisst, sobald er sich entscheidet, irgendetwas zu machen, kann er automatisch sehen, wohin es führt. Allerdings nur die nächsten 2 Tage dieser Zukunft. Es ist schon recht interessant, weisst du wir forschen gerade über… Ach, egal.“. Sie hatte ihn angesehen und realisiert, dass sein Gesichtsausdruck sich versteinert hatte. Vielleicht sollte sie ihm noch nicht so viel erzählen. Doch trocken fragte er: „Sind wir Menschen?“. Sie blieb einen Moment still. „Das ist alles nicht so einfach zu erklären, Dylan. Du bist nicht eingewiesen worden und ich frage mich gerade, wieso.“ Sie schaute ihn skeptisch an. „Normalerweise erreicht uns im Alter von 9 Jahren eine Vision mit einem persönlichen Tutor darin, eine Botschaft von unserem „Lehrer“, wenn du so willst. Er oder sie erklärt uns, was wir sind und was wir tun müssen. Im Alter von 17 besucht dich der Tutor und, je nachdem wie stark du bist, begleitet er dich drei Jahre lang auf deinem Weg oder…. Nimmt dir deine Visionen wieder, damit du ein normales Leben führen kannst.
„Das heisst, du hast schon einen Tutor.“, folgerte er logisch. „Ja.“, entgegnete sie kurz angebunden.
Nach einer wiedermaligen Pause seufzte er auf. „Ich dachte, ich wäre verrückt. Ich dachte, etwas stimmt nicht mit mir, all die Jahre…. Weisst du, ich habe die Visionen schon als Kleinkind gehabt. Aber ich wollte die Zukunft nicht sehen. Wenn ich konnte, habe ich es ignoriert…Und irgendwann verschwanden sie.“, seine Stimme wurde immer leiser. „Meine Mutter starb, als ich zwei war, und seit jeher hat mich mein Vater grossgezogen“, er bezeichnete mit einer Geste das Wohnzimmer, in dem sie sassen. „Hier, das ist das Haus meines Vaters.“. Sie schaute um sich. Es war ein schäbig eingerichtetes Haus, mit kleinen Fenstern und günstigen Möbeln. Sie realisierte erst jetzt, wie wenig er hier hineinpasste. Die Traurigkeit durchzuckte ihr Gesicht. So verloren schien er. Es musste schwierig sein, nicht zu wissen, wer man war, und als jemand anderer grosszuwerden.
„Ich möchte dir etwas zeigen“, sagte sie zu ihm und schien gespannt auf seine Antwort zu warten,denn sie hatte eine Idee. Seine Augen weiteten sich, vor Schock starrte er sie an „Was! Bist du ein Pro UND Catwoman, nein das kann nicht sein!“. Sie haute ihm über die Schultern und lachte. „Sei nicht albern, Dylan“.
„Dann sei du nicht so sexy, Josephine“. Sie lachte nochmals und fühlte sich um 30 kg oder so leichter. Vielleicht konnte sie doch fliegen? Er war ja so charmant.
„Hör auf mir Marmelade aufs Brot zu schmieren, ich meine es ernst.“ Sie grinsten beide immer noch, als sie seine Hände in die ihren nahm. Er hatte warme Hände, während ihre sich eiskalt anfühlten. „Schliess deine Augen“, befahl sie sanft und er tat wie geheissen. Sie konzentrierte sich angestrengt. Das, was sie vorhatte, hatte ihr Isak erst vor kurzem beigebracht. Nach einigen Sekunden erflammten Farben vor ihren Augenlidern. Langsam aber stetig nahmen die Farben ihre Gestalt an, und es erschienen Bilder, ein See und viele Menschen. Sie nahm sogar das Zirpen der Grasshüpfer wahr, und die Klänge einer Gitarre im Hintergrund. Das Bild war trüb, anscheinend war sie noch nicht so gut darin, Visionen hervorzurufen. Die jungen Leute, die miteinander Spass hatten und lachten, nahmen konkretere Gestalt an und ihre Gesichter kamen zur Sicht. Da war die Gruppe, die sie suchte.
Isak, mit seinem blonden Haar und den blauen Augen, seinem verschmitzten Lächeln. Daneben sie selbst, in dieser Vision in einem hellblauen Kleid. Es steht mir - muss ich mir für später merken. Ihr Zukunfts-Ich lachte anscheinend über einen Witz, den ein Freund von ihr gerissen hatte. Auf der anderen Seite der Gruppe stand Dylan. Und er sah so anders aus. Fröhlich, gutgelaunt und so… glücklich. Dylans Hände erzitterten in ihren, als er sich selbst in ihrer Vision sah. Ihr Augenmerk blieb beim Bild dieses gut gelaunten Typen, der so anders war als die echte Person, die vor ihr sass. Gerade noch hatte Vision-Dylan in die Runde gelacht, schon verdüsterte sich die Szene. Es hatte sich im Bild nichts geändert aber irgendetwas war anders. Und bevor sie realisieren konnte, was sie sah, öffnete Josephine ihre Augen. Sie atmeten beide heftig.
„Was ist passiert? Was war das?“, fragte Dylan schnell. „Ich weiss es nicht. Ich…was hast du gesehen?“ ihr jagte ein Schauer den Rücken hinunter, als sie seine Worte hörte. „Ich sah einen Mann mit einem dunklen Schwert hinter dir.“. Er sagte nicht das, was beide in diesem Moment dachten. Dass er nämlich sein Schwert gehoben hatte um Josephine einen Stoss zu versetzen und sie zu töten. Sie zitterte, als sie das Gesehene im Kopf wiederholte. „Ich muss zu Isak.“, sagte sie ohne Ton, und bevor er überhaupt etwas entgegnen konnte, war sie weg. Sie holte ihre noch feuchten Sachen aus dem Trockner, den er ihr vorhin gezeigt hatte und zog sie an. Dann rannte sie wieder die Treppen hinauf zum Eingang, zog ihre Schuhe an, während sie Dylans Blick auf sich spürte. „Es tut mir leid. Ich wollte dir eigentlich eine schöne Vision der Zukunft schenken. Eine Zukunft, die es ab heute geben konnte… es tut mir leid.“ Er schüttelte seinen Kopf. „Wofür entschuldigst du dich? Josephine, geh nicht..“. Doch seine Besorgnis kam bei ihr nicht an. Sie schaute zu verstört drein, und einen Moment später war sie schon aus der Tür. Doch sie kam nicht weit.
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Beitragvon RavenLaGrande » So 30 Jan, 2011 15:01

Es freut mich wirklich sehr, dass du die Geschichte fortsetzt. Ich hab grad leider keine Zeit dir ein ausführliches Review zu schreiben, aber ich wollte zumindest schon mal anmerken, dass ich mich wirklich freue =) Der Rest kommt dann später :P

Sooo, hier der versprochene Edit =)

Ich find auch den zweiten Teil deiner Geschichte super. Der Perspektivenwechsel ist sehr interessant. Man kann da mit Sicherheit geteilter Meinung sein, ob man den Charakter der Josephine ohne ihre Perspektive nicht lieber noch ein wenig mysteriöser hätte gestalten können, aber ich finde deine Wahl, wie gesagt, sehr interessant.
Dieser zweite Teil enthält ja nun schon eine ganze Menge an Infos. Vielleicht ein wenig sehr viel, wenn man bedenkt, dass die beiden das erste Mal miteinander kommunizieren ^^
Aber das erklärt sich dann ja durch diese ominöse Verbindung.
Ich finde es sehr schön, dass du immer neue Elemente einstreust, bei denen man als Leser erst mal ein großes Fragezeichen im Gesicht stehen hat und direkt neugierig wird was es damit auf sich hat, z.B. so kleine Nebensätze "Sie war vergeben. Für immer. Sie seufzte innerlich."
Der Cliffhanger am Ende ist einfach nur schrecklich gemein! Aber das wirst du mit Sicherheit wissen, sonst hättest du ihn nicht eingebaut ;)

Ein Cliffhanger bedeutet aber meistens auch, dass es weiter geht =) Und darauf freue ich mich schon!
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Beitragvon Lady Midnight » Di 01 Feb, 2011 20:48

Danke Raven, dass du dir Zeit genommen hast. :D Ich rechne damit, dass es weitergeht. ^^ Muss nur meine Gedanken ordnen :P Aber wird schon... =)
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Beitragvon Liquor » So 24 Apr, 2011 22:28

Hallo Amelia :}

Ich habe mir jetzt mal deine Story durchgelesen. Es wirkte auf mich vom ersten Augenblick an nicht wie eine Kurzgeschichte, sondern wie etwas Längeres. Vielleicht ein Kurzroman oder so - planst du da etwas in die Richtung?
Mir gefällt die Idee, diese ... Future Provider ... darauf muss man erstmal kommen, wirklich erstklassig. An der Umsetzung an sich habe ich auch nichts auszusetzen. Du schreibst schön, angenehm flüssig, wenn auch etwas einfach. Hier und dort würde ich ein paar Vergleiche oder ein wenig mehr Stil einfügen, der deinen Schreibstil charakterisieren könnte, sodass es etwas ganz Besonderes hat, aber alles in allem gefällt es mir echt gut.
Was ich nicht gut fand, war, dass das mit den Providern so schnell kam, so abrupt und plötzlich, und es kommt mir so vor, als wäre dir die Idee just und abrupt eingefallen und das ging mir persönlich zu schnell und die Reaktionen von Josephine waren für mich nicht nachvollziehbar, dass sie ihm folgt etc., während ich Dylan teilweise richtig gut verstehen konnte.
Joa, so mal meine Meinung :}

Hoffe, du hast noch mehr?
LG Juls
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