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[HP] Den Nargel auf den Kopf getroffen - Oneshot

John Xisor
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[HP] Den Nargel auf den Kopf getroffen - Oneshot

Beitragvon John Xisor » Di 08 Dez, 2009 04:10

Bei der von Supernova auf hpffa ins Leben gerufenen Besenkammer-Challenge konnte jeder Autor zwei Stimmen für ein Pärchen abgeben. Gewählt habe ich Snape/Minerva und Harry/Draco. Die meisten Stimmen bekamen jedoch Blaise/Luna. Voraussetzung für eine Geschichte war, dass die beiden sich in einer Besenkammer begegnen müssen.

Achtung: Ich habe das Tintenfass gegen einen Schmalztopf getauscht und damit geschrieben. Wink

Viel Spaß,
Muggelchen





Den Nargel auf den Kopf getroffen



Als Blaise die Große Halle betrat, spürte er förmlich die Aufregung seiner Mitschüler. Gleich nach dem Mittagessen sollte es auf nach Hogsmeade gehen. Er selbst nahm sich vor, die Abwesenheit der anderen Slytherins zu genießen. Blaise wusste, dass heute eine ganze besondere Schülerin auch in Hogwarts bleiben wollte.



Feodora Fawcett – Ravenclaw. Mit einem einzigen Lächeln konnte sie jede geplante Gemeinheit eines Lehrers vereiteln, außer bei Snape. Die elegante Handbewegung, wenn sie ihr langes Haar hinter das Ohr strich, erweckte bei den meisten Jungen mehr Aufmerksamkeit als die Schlagzeile, Voldemort wäre zurückgekehrt. Ihre bergseefarbene Augen konnten einen in Windeseile verzaubern. Nahezu jeder Mitschüler hatte sein Herz an sie verloren, so auch Blaise. Er wollte im Gegenzug das ihre gewinnen.



„Hallo Feodora“, grüßte er charmant im Vorübergehen. Gelangweilt blickte sie auf, grüßte nicht einmal zurück, so dass Blaise schnurstracks seinen Weg zum Tisch der Slytherins fortsetzte. Wenigstens hatte sie ihn heute mal zur Kenntnis genommen.



Eine andere Schülerin aus Ravenclaw betrat wenige Minuten später ebenfalls die Große Halle. Trotz ihrer verträumten Anmut fand sie ohne zu stolpern den Weg zu ihrem Platz. Luna setzte sich neben ihre Mitschüler und begann mit dem Mittagessen. Feodora grinste. Erst heute morgen hatte sie zusammen mit einer Freundin Lunas Schuhe versteckt, doch die blonde Mitschülerin störte sich daran offenbar nicht, auch wenn das für sie bedeutete, nicht nach Hogsmeade gehen zu können. Bei dem schlechten Wetter brauchte sie feste Schuhe, doch und die hingen über den falsch angezogenen Handschuhen der Statue von Boris, dem Bekloppten, gleich in der Nähe des Badezimmers der Vertrauensschüler im fünften Stock.



Gespräche mit der merkwürdigen Mitschülerin brachten immer viel Spaß, weshalb Feodora den Anfang machte und fragte: „Luna, gehst du heute auch mit nach Hogsmeade?“

„Nein, ich habe vor, nach den Nargeln zu suchen. So kurz vor Weihnachten kommen sie wieder vermehrt vor.“ Einige Mitschülerinnen kicherten hinter vorgehaltener Hand. Luna fühlte sich dadurch nicht gekränkt, sondern blieb bei ihrer Theorie. „Ich bin mir ganz sicher, dass es in Hogwarts ein Nest geben muss, wo sie meine Schuhe verstecken.“

Feodora verkniff sich das Lachen, stieß Luna leicht mit dem Ellenbogen an. „Du kennst doch den Raum neben Filchs Büro?“ Weil Luna nickte, log Feodora: „Ich habe dort mal welche gesehen! Nargel!“

„Oh, wirklich?“ Von der Möglichkeit, endlich mal diese Kreaturen zu Gesicht zu bekommen, war Luna hellauf begeistert.

„Man muss aber ganz leise sein, sonst verkriechen sie sich“, gab Feodora als Tipp.

„Dann werde ich gleich nach dem Mittagessen dort hingehen.“ Es kam ihr nicht einmal in den Sinn, dass jemand sie anlügen könnte, besonders nicht eine so beliebte Schülerin.



Nach dem Mittagessen startete Blaise einen neuen Versuch und sprach Feodora an, doch sie war wegen all den anderen Jungen um sie herum nicht nur abgelenkt, sondern bereits schlecht gelaunt. Blaise folgte ihr trotzdem in den Eingangsbereich, bevor er seine Chance wahrnahm und Feodora fragte, ob sie heute ein wenig Zeit mit ihm verbringen wollte. Ihre positive Antwort überraschte ihn. Dennoch fand er den von ihr vorgeschlagenen Treffpunkt seltsam.



Luna war längst auf dem Weg in die Kerker und traf dort auf Professor Snape. Er blickte sie böse an, weil sie es wagte, ihn freundlich zu grüßen. Ihn hatte sie neulich im Verbotenen Wald gesehen, als er ein Thesthral-Fohlen fütterte und es am Kopf kraulte. Sein Geheimnis war bei ihr gut aufgehoben. An Mrs. Norris vorbei suchte Luna erst Mr. Filchs Büro auf. Nachdem sie sich vergewissert hatte, dass der Hausmeister nicht hier war, öffnete sie die Tür neben dem Büro, trat in den dunklen Raum und schloss die Tür wieder hinter sich.



Als Blaise Feodora in die Kerker folgte, hatte er sie aus den Augen verloren, weswegen er kurzfristig die Räumlichkeiten der Slytherins aufsuchte. Ein selbstkritischer Blick in den Spiegel bestätigte ihm, dass er – wie immer – umwerfend aussah. Die Zeit war gekommen, Feodora zu treffen. Sein Weg führte ihn über die klammen Kerkergänge. Mr. Filch würde sich zu dieser Zeit im Eingangsbereich aufhalten und die schriftliche Erlaubnis der Eltern für den Besuch in Hogsmeade von den Schülern einsammeln, also musste er nicht befürchten, erwischt zu werden.



Da war sie auch schon, die Besenkammer. Blaise schöpfte keinen Verdacht, weil es in Hogwarts eine Menge verzauberter Räume gab. Vielleicht hatte sie etwas entdeckt, das sie mit ihm teilen wollte, hoffte er.



In einer Nische versteckt beobachtete Feodora, wie Blaise die Tür öffnete und in die Kammer trat. Nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte, verließ sie ihr Versteck und belegte die Tür mit einem Zauber, so dass man sie nicht von innen öffnen konnte.



Im Dunkel der Besenkammer, zwischen fühlbaren Spinnweben und dem zaghaften Rascheln von Ungeziefer, stand Blaise wie angewurzelt, bis seine Augen sich endlich an das wenige Licht gewöhnten. Vor sich sah er eine Gestalt mit hellen Haaren. Feodora hatte keine hellen Haare.



„Wer ist da?“, fragte er in die Finsternis herein.

Eine leise Stimme mahnte: „Psst, du verschreckst sonst noch die Nargel.“

„Was für Dinger? Wer bist du und was suchst du hier?“

„Was suchst du hier?“, fragte das Mädchen zurück.

„Ich habe zuerst gefragt!“

„Aber ich war zuerst hier!“ Nach einem Moment der Ruhe fügte sie hinzu: „Ich bin Luna und ich widme mich gerade meinem Studienprojekt über Nargel.“

„Da ist schon wieder dieses Wort. Was zum Teufel sind Nargel?“

„Das sind ...“

Er unterbrach Luna unwirsch: „Ach, vergiss es. Ich mach eine Fliege.“ Mit einer Hand drückte Blaise gegen die Tür der Besenkammer, die nicht einmal ein Schloss besaß, aber sie rührte sich keinen Millimeter. „Wir sind eingesperrt!“

„Unfug“, Luna näherte sich ihm, drückte gegen die Tür. „Tatsächlich! Bewegt sich nicht ein Stück.“



Eine Viertelstunde lang versuchten beide – Blaise mehr als Luna – die Tür mit Zaubersprüchen zu öffnen, doch keiner half. Sie blieben eingesperrt.



„Wer kann das getan haben?“, fragte sich Blaise, obwohl er die Ahnung hatte, Feodora könnte ihn an der Nase herumgeführt haben. Was für eine Niederlage, was für eine peinliche Situation.

„Ich habe da eine Theorie“, ließ Luna mit ernster Stimme verlauten. „Die Nargel lassen sich ungern studieren. Also haben sie den Spieß einfach umgedreht und studieren nun uns!“ Erschrocken holte sie Luft. „Das ist gruselig!“

Ihre Worte ignorierend flüsterte er: „Wir sollten warten, bis Professor Snape in sein Büro geht. Er wird dann hier vorbeikommen. Wenn ich schon aus einer Besenkammer befreit werden muss, dann bitte nicht von Filch.“

„Aber Professor Snape ist gemein zu den Schülern. Ich möchte nicht von ihm gefunden werden.“

„Du vergisst“, erinnerte Blaise, „dass Snape mein Hauslehrer ist. Von ihm muss ich nichts befürchten. Du hingegen ...“ Er blickte über seine Schulter und sah ihre Augen im spärlichen Licht der Fackeln glitzern, die draußen auf dem Flur brannten und ihren Schein durch die Ritzen der Tür warfen. „Du bist nur eine Hufflepuff.“

„Ich bin aus Ravenclaw!“, verbesserte sie trotzig. „Genau wie das Mädchen, das du so gern hast.“
Sein Herz setzte einen Schlag aus. Woher wusste Luna davon? „Wen meinst du?“, fragte er unschuldig nach.

„Feodora Fawcett. Ich sehe doch, wie du sie ansiehst.“

„Ach ja? Wie sehe ich sie denn an?“

Luna machte nur einen Schritt und stand Blaise genau gegenüber. „So, wie Ron immer Hermine ansieht.“ Romantische Verklärung schlug sich in ihrer Stimme nieder. „Oder wie Ginny Harry ansieht. Und auch so, wie Cho im letzten Jahr immer Cedric angesehen hat.“ Nach einer kleinen Pause fügte sie ein weiteres Beispiel an. „Wie Mr. Filch immer Madam Pince ansieht.“

Blaise schnaufte. „Den letzten Vergleich mag ich nicht.“

„Aber es ist das Gleiche. Sie alle haben ihr Herz verloren.“ Unerwartet ergriff sie seinen Arm. „Da! Ein Nargel.“

„Wo?“ Er sah überhaupt nichts. „Es ist dunkel hier drinnen. Wie kannst du da etwas sehen?“ Verärgert zog er seinen Arm weg. „Du bildest dir das nur ein.“ Mit einer Hand tastete er nach seinem Zauberstab und sprach, nachdem er ihn gefunden hatte: „Lumos.“



Am Stab der Spitze formte sich ein helles Licht, das auf der Stelle die vielen Krabbeltiere aufschreckte. Überall sah man schwarze Punkte, die sich unter Tüchern und in Ritzen in Sicherheit brachten. Es war ekelhaft.



„Mach das Licht besser wieder aus. Die Nargel mögen das gar nicht.“

„Luna … So ist doch dein Name, oder?“ Sie nickte im Schein des Lumos. „Hör mal, ich möchte nichts über Nargel hören. Ich möchte einfach nur hier raus!“

„Wir haben doch schon alles versucht“, hielt sie ihm vor Augen. „Warten wir einfach. Irgendjemand wird uns schon befreien. Vielleicht deine Freunde?“

„Freunde.“ Blaise schnaufte verächtlich. „Es gibt hier sehr wenige, die ich einen Freund nennen möchte, in meinem eigenen Haus schon gar nicht. Vielleicht suchen deine Freunde ja nach dir?“

„Meine Freunde …“ Im magischen Licht sahen Lunas verträumte Augen noch ein wenig befremdlicher aus als sonst. „Da haben wir was gemeinsam, Blaise.“

„Wir sollen etwas gemeinsam haben? Dass ich nicht lache!“

„Wir haben nicht nur gemeinsam, dass wir wenige Freunde haben.“ Luna legte ihren Kopf schräg, um Blaise besser ins abgewandte Gesicht zu sehen. „Du hast auch einen Elternteil verloren, genau wie ich.“

„Tolle Gemeinsamkeit.“



Den Stab ließ Blaise sinken, denn die Erinnerung an seinen Vater drängte sich auf. Ein liebenswerter Mann, der viel mit ihm unternommen hatte. Nur auf geschäftlichen Reisen hatte er auf die Gesellschaft seines Jungen verzichtet. Auf einer dieser Reisen in ein entwicklungsfähiges Land hatte sich sein Vater mit Drachenpocken angesteckt. Die Heiler vor Ort waren überfordert, hatte nicht einmal korrekt diagnostiziert. Eine Woche später kam die Nachricht von seinem plötzlichen Tod.



„Wie alt warst du?“, fragte die verträumte Mädchenstimme.

„Was?“

„Als er starb, wie alt warst du?“

„Elf“, hauchte er mitgenommen, bevor er sich nochmal der Tür widmete und all das ausprobierte, was zuvor schon nichts ausgerichtet hatte – die Tür blieb zu.

„Ich war acht. Meine Mama ist bei einer Explosion umgekommen.“

Erstaunt hielt Blaise mit seinen Öffnungszaubern inne. „Eine Explosion?“, wiederholte er verdutzt. „Wie ist denn das geschehen?“

„Sie hat geforscht, mit Tränken und dergleichen. Die ganze Scheune mit ihrem Labor stand in Flammen.“ Ein Moment der Stille trat ein. Blaise wusste nicht, was er sagen sollte, doch die Aufgabe nahm Luna ihm ab. „Ich hab alles gesehen“, offenbarte sie, „die Explosion, das Feuer“, ihre Gedanken drifteten, „und meine Mutter mittendrin.“

Von dieser Geschichte schockiert konnte Blaise nur sagen: „Das ist ja grauenvoll!“ Seiner Meinung nach war dieses Erlebnis der Grund für Lunas sonderbares Benehmen. „Das erklärt aber einiges“, murmelte er unüberlegt, doch sie hatte es gehört.

„Was erklärt das?“

„Na ja, du heißt nicht umsonst Loony.“

„Ich mag den Namen nicht“, erklärte sie keinesfalls sauer.

„Es ist ja nicht nur der Spitzname. Die anderen machen Scherze auf deine Kosten. Und sie meiden dich.“

Selbstsicher schüttelte sie den Kopf. „Nein, nicht alle meiden mich. Harry Potter hat mich gern.“

„Der Typ ist genauso durchgeknallt wie du! Natürlich mag der dich.“

„Über dich machen sie im Übrigen auch Witze“, schoss Luna gelassen zurück.

Hier horchte Blaise auf. „Das glaube ich nicht.“ Noch nie war ihm zu Ohren gekommen, dass gerade er im Mittelpunkt von schlimmen Witzen stehen würde. „Was sagt man denn so?“

„Eine aus meinem Haus hat mal gesagt, man müsste du-weißt-schon-wen nur mit deiner Mutter zusammenbringen und er würde kein Jahr überleben.“



Die Anspielung, seine Mutter hätte ihre sieben Ehemänner ins Jenseits befördert, machte ihn rasend. Es war eine Lüge. Wie sollte sie für die Ansteckung mit Drachenpocken verantwortlich sein? Mit der Faust schlug Blaise wütend auf eines der Regale, das seiner jugendlichen Kraft nicht standhalten konnte und laut scheppernd samt dort gelagerten Putzmitteln vor Lunas Füßen landete. Wenn es hier Nargel gab, sind einige von ihnen bestimmt gerade erschlagen worden.



„Eine aus deinem Haus hat das gesagt? Ich hoffe nicht, dass du das warst, sonst würde ich auf der Stelle mit dir abrechnen.“
„Nein, ich würde solche bösen Dinge nie sagen“, versicherte Luna.

„Wer war’s?“ Luna schwieg, doch er ließ nicht locker. Mit beiden Händen fasste er sie an den Oberarmen und schüttelte sie. „Wer war es?“

Nach einem Augenblick des Zögerns beichtete Luna: „Es war Feodora.“



Blaise erstarrte zur Salzsäule. Der Druck seiner Hände ließ ein wenig nach, doch ansonsten bewegte er sich nicht. Es war zu viel verlangt, innerhalb von wenigen Augenblicken zu verkraften, dass die Angebetete aus Ravenclaw sich herausnahm, seine Mutter als Schwarze Witwe darzustellen. Als er Feodoras sonst so reizendes Lächeln vor seinem inneren Auge sah, verwandelte es ihr Gesicht in eine hässliche Fratze. Eben war sie noch ein Mädchen gewesen, dem er sich freiwillig vor die Füße geworfen hätte und jetzt – mit einem Schlag – war sie nur noch eine durchschnittliche Mitschülerin, nicht der Rede wert. Langsam senkten sich seine Arme. Ernüchtert über das wahre Ich von Feodora lehnte er sich an die Wand neben der Tür und blieb still, atmete langsam ein und aus.



Luna beobachtete ihn eine ganze Weile, bevor sie sich einen Ruck gab und vorschlug: „Du kannst ihr doch mal schreiben. Briefe kommen bei Mädchen viel besser an. Außerdem sind sie meistens allein, wenn sie ihn lesen.“

„Ich habe keine Lust mehr auf Feodora.“

Verständnisvoll nickte Luna. „Und ich habe keine Lust mehr auf Nargel.“ Genauso gelassen wie Blaise lehnte sich auch Luna an die Wand. „Ich habe Feodora heute erzählt, dass ich nach dem Mittagessen welche in der Besenkammer suchen gehe.“



Das war wie ein Schlag ins Gesicht, dachte Blaise. Nicht nur, dass Feodora schlecht über seine Mutter sprach, nein, sie hatte ihn tatsächlich absichtlich hergelockt.



„Wahrscheinlich war es sogar sie, die uns hier eingesperrt hat“, vermutete Blaise laut.

„Möglich.“ Luna begann zu summen, was eine beruhigende Wirkung auf Blaise hatte. „Weißt du“, begann sie unerwartet, „ich denke, ich sollte mal etwas Nettes über dich sagen, damit du wieder gute Laune bekommst.“ Blaise stieß heftig Luft durch die Nase aus, was für Luna keinen Grund darstellte, von ihrem Vorhaben abzusehen. „Ich finde dich hübsch.“

„Hübsch?“, wiederholte er echauffiert. „Mädchen sind hübsch, aber nicht Jungs.“

„Ich meinte ja auch nicht das Aussehen.“ Weil er sie entgeistert anblickte, erklärte sie: „Ich habe dich jetzt erst ein wenig kennen gelernt und ich mag dich. Wir könnten sogar Freunde werden.“

„Prima! Demnächst lädst du vielleicht noch mich und Potter zum Kaffeeklatsch ein?“

„Das könnte ich glatt machen!“, stimmte sie begeistert zu. „Würdest du kommen?“

Verlegen kratzte sich Blaise am Kopf. Luna war nicht so schlimm wie er immer gedacht hatte. Sie war seltsam, aber wer war das nicht auf seine Art? Immerhin konnte sie ihn aufmuntern. „Das meinst du nicht ernst.“
„Sicher meine ich das ernst. Morgen, am Sonntag. Wie wäre es gegen ein Uhr?“

„Luna, ich …“
„Harry kommt bestimmt auch! Vielleicht bringt er Ginny mit, dann sind wir zu viert.“



Das erste Mal bemerkte er, wie sie zögerte, während sie sich ihm näherte. Als sie direkt vor ihm stand, tänzelte das warme Licht der Fackeln durch die Ritzen der Tür. Ihre Augen glitzerten so sehr, dass sie ihn an ein Feuerwerk erinnerten.



„Oder bin ich dir nicht hübsch genug?“ Die Unsicherheit war nicht nur in ihrer Stimme zu hören, sondern auch an ihrer gesamten Mimik abzulesen – und sie war berechtigt. Blaise war dafür bekannt, seine Freundinnen nur nach dem guten Aussehen zu wählen. Sein kritischer Blick konnte über die Pausbacken von Pansy oder die buschigen Haare von Hermine nicht hinwegsehen. Selbst die erfrischenden Sommersprossen von Ginny sah er nicht als liebenswertes Merkmal, sondern als störenden Makel. Luna hatte, wie es im Slytherin-Gemeinschaftsraum gern bezeichnet wurde, Glupschaugen wie ein Koboldmaki. Was Blaise im Moment ein wenig irritierte war der Gedanke, dass er diese kleinen Äffchen eigentlich sehr niedlich fand.

„Ich habe an dir nichts auszusetzen“, versicherte er ihr, womit er sich zum Lächeln brachte.

„Darüber bin ich froh, Blaise.“ Eine ihrer zitternden Hände legte sich auf seinen Oberarm. „Eigentlich bin ich auch ganz hübsch“, sie legte den Kopf schräg, blickte ihm in die Augen, „du musst nur wirklich mich sehen.“



Wie seine Hände auf ihrer Taille gelandet waren, konnte er nicht genau spezifizieren. Zu abgelenkt war er von ihren Augen, und was er hinter ihnen fand, öffnete ihm ein Tor, das bisher immer verschlossen war. Vertrautheit hatte Blaise mit keiner seiner flüchtigen Freundinnen geteilt. Bei Luna war es so, als würden sie sich schon für lange Zeit sehr gut kennen. Beim Anblick ihrer Lippen begann sein Puls zu rasen, was ein vollkommen neues Gefühl für ihn darstellte. Langsam lehnte sich Blaise nach vorn, um die Lippen zu kosten, da stieß er mit dem Fuß versehentlich an einen Besenstil. Besen, Mopp und Eimer fielen gleichzeitig um, was Blaise ignorieren konnte. Nicht ignorieren konnte er die Tatsache, dass jemand die Tür aufriss und ein dunkler Schatten das Licht der Fackeln nahm.



Professor Snape stand mit den Händen auf die Hüften gestemmt vor der offenen Tür der Besenkammer und zischelte missgelaunt: „Da kehrt man den Kerkern nur fünf Minuten den Rücken und schon bricht hier Sodom und Gomorrha aus.“ Der Tränkemeister verschränkte seine Hände hinter dem Rücken und trat einen Schritt zur Seite. Mit kühler Stimme forderte er beide auf, die Besenkammer zu verlasen. „Miss Lovegood, Mr. Zabini …“ Beide traten heraus. Luna blickte Snape mit einem Schmunzeln auf den Lippen an, womit sie ihren Lehrer für Zaubertränke irritierte. Er schaute weg. Lieber ergötzte sich Snape an dem Schüler seines eigenen Hauses, der beschämt zu Boden blickte. „Haben Sie eine Erklärung für diese Unsitte?“

„Wir …“ Die Erinnerung daran, beinahe den ersten Kuss ihres Leben bekommen zu haben, raubte Luna die Stimme.

Blaise half ihr aus der Patsche und erklärte mit unschuldiger Miene: „Wir haben nach Nargeln gesucht.“

„Nach …?“ Snapes Gesichtszüge entgleisten ein wenig, als er dieses unsinnige Wort in Gedanken wiederholte. Er fing sich schnell wieder. „Was für eine dämliche Ausrede ist das?“

„Das ist die Wahrheit, Sir“, bestätigte Luna mit kräftigem Kopfnicken.

„Sie beide …“, grummelte er, zeigte dabei mit seinem dürren Finger drohend auf Luna und Blaise, doch bei diesen Worten blieb es. Draco, der gerade mit glasigen Augen auf dem Gang an den dreien vorbeiging und sie nicht einmal zu bemerken schien, erweckte Snapes Aufmerksamkeit. Der Professor für Zaubertränke ließ die beiden einfach stehen und folgte dem blonden Schüler, von dem er mehr Unheil befürchtete als von zwei unscheinbaren Jugendlichen, die er gerade in einer Besenkammer erwischt hatte.



Es dauerte nicht lang, da waren beide allein in dem Gang. Luna fröstelte es. Zum Wärmen rieb sie ihre Oberarme.



„Es war wirklich wunderschön, dich besser kennen zu lernen, Blaise.“ Um ihrer Freunde Ausdruck zu vermitteln, hatte ihr Körper sich für eine rötliche und vor allem ganz natürliche Tönung auf ihren Wangen entschieden. „Wir sehen uns morgen um eins?“ Bei dem hoffnungsvollen Schimmer in ihren Augen bejahte Blaise wortlos.



Er sah ihr hinterher, als sie den spärlich beleuchteten Gang hinunterlief, um weiter hinten die Stufen nach oben zu nehmen. Gerade schlug Blaise den Weg zum Gemeinschaftsraum ein, da wurde ihm klar, dass er für heute keine Pläne hatte. Warum also bis morgen warten?



„Luna?“ Sie hörte den Hall seiner Stimme und blieb stehen, drehte sich um. Nach einem kurzen Sprint war er bei ihr. „Was machst du heute noch so?“

„Ich wollte meine Schuhe suchen. Die waren heute früh plötzlich verschwunden.“

Ihr Mund war besonders schön geformt, wenn sie lächelte, dachte er und nahm sie an die Hand. „Ich werde dir suchen helfen.“

„Oh, wirklich?“ Ihre kindliche Begeisterung steckte ihn an. „Lass uns oben bei den Türmen anfangen! Noch ist es hell. Vielleicht sehen wir den Sonnenuntergang.“



Das erste Mal in ihrem Leben nahm Luna einen Jungen mit an einen Ort, den sie normalerweise nur aufsuchte, wenn sie allein sein wollte.
Zuletzt geändert von John Xisor am Mi 30 Dez, 2009 17:39, insgesamt 1-mal geändert.
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Miajost
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Beitragvon Miajost » Di 08 Dez, 2009 15:15

Wunderschön :D
Wirklich mir fehlen die Worte. Eigentlich bin ich nicht ein Fan von so welchen Geschichten.
Sie ist wirklich gut geschrieben und du hast Luna ziemlich gut rübergebracht!
Also nur Komplimente von mir :wink:

Dani California

Beitragvon Dani California » Di 08 Dez, 2009 15:27

Hihi, das ist ja nett :D
Blaise gefällt mir zwar nicht sooo sehr, weil ich mir nicht vorstellen kann, dass dieser hochnäsige Wicht sich so einfach von einem außergewöhnlichen Charakter wie Luna einwickeln lässt, aber naja...

Davon abgesehen ist die Geschichte echt nett :D Snapes Auftritt ist auch cool ("Sodom und Gomorrha" klingt sehr nach ihm :mrgreen: ) Nur Dracos Auftritt hab ich nicht ganz verstanden... ? :hm:

Ashlyn
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Beitragvon Ashlyn » Di 29 Dez, 2009 22:15

:mrgreen2:

Herrlich. Schade, dass ich es nicht früher gelesen habe.
Alles ist wieder hervorragend. Dieser Schreibstil, der Blaise und Luna so wunderbar beschreibt. Manchmal konnte ich mich vor lachen einfach nicht halten. Vorallem Luna. :mrgreen: Echt super:


Eine leise Stimme mahnte: „Psst, du verschreckst sonst noch die Nargel.“


Schon da musste ich kichern. Typisch Luna, die in der Dunkelheit nach Nargeln sucht und dabei noch ernsthaft ist. Kein Wunder, dass Blaise erstmal so abwertend ist. Wobei er ja eigentlich ziemlich oft abwertend ist. :? Nun.
Oder dieses hier fand ich auch recht hübsch:

„Ich habe da eine Theorie“, ließ Luna mit ernster Stimme verlauten. „Die Nargel lassen sich ungern studieren. Also haben sie den Spieß einfach umgedreht und studieren nun uns!“ Erschrocken holte sie Luft. „Das ist gruselig!“


Das muss man sich erstmal einfallen lassen. :mrgreen2: Herrlich. Wie kann man Luna besser treffen - ich weiß es nicht! Ich kann sie mir da wirklich echt gut vorstellen wie sie da erschrocken vor Blaise steht und ihm allen Ernstes erklärt, was Nargel sind und dass diese sie jetzt eingesperrt hätten. Echt super! (:
Naja, diese Stelle war aber trotzdem die Krönung von Lunas Seite her:

„Ich meinte ja auch nicht das Aussehen.“ Weil er sie entgeistert anblickte, erklärte sie: „Ich habe dich jetzt erst ein wenig kennen gelernt und ich mag dich. Wir könnten sogar Freunde werden.“

„Prima! Demnächst lädst du vielleicht noch mich und Potter zum Kaffeeklatsch ein?“

„Das könnte ich glatt machen!“, stimmte sie begeistert zu. „Würdest du kommen?“

Verlegen kratzte sich Blaise am Kopf. Luna war nicht so schlimm wie er immer gedacht hatte. Sie war seltsam, aber wer war das nicht auf seine Art? Immerhin konnte sie ihn aufmuntern. „Das meinst du nicht ernst.“
„Sicher meine ich das ernst. Morgen, am Sonntag. Wie wäre es gegen ein Uhr?“

„Luna, ich …“
„Harry kommt bestimmt auch! Vielleicht bringt er Ginny mit, dann sind wir zu viert.“


Echt super. DAS ist Luna - ehrlich und direkt. Und natürlich vom Guten ausgehend. Lässt sich niemals von etwas abschrecken. Haach - so liebe ich sie einfach. Vorallem liebe ich es, wenn ein Lieblingscharakter von mir so treffend beschrieben wird. Aber das war wirklich die beste Stelle.

Aber natürlich fand ich es auch schön eingebracht, wie Ginny Harry z.B ansieht usw.
Oder als Blaise innerlich damit zu kämpfen hatte, was dort gerade passiert. Wie er diese ganzen Mädchen durchgegangen ist und wie Muggelchen noch darauf aufmerksam gemacht hat, dass Blaise keineswegs jedes Mädchen nehmen würde, sondern nur ein wirklich schönes - jedenfalls aus seiner Sicht.

Aber ich finde das gar nicht mal so unrealistisch - klar erfahren wir im Buch, dass Blaise wirklich berechnend und eitel ist, aber ich denke - da Luna ja eigentlich auch in meiner Vorstellung nicht schlecht aussieht - dass es durchaus möglich wäre. Wenn auch etwas... naja... unmöglich. :lol:
Schließlich ist Blaise nun mal ein Slytherin. Aber der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt und ich finde diese FF wirklich schön. (:
Deep into that darkness peering, long I stood there wondering, fearing | Doubting, dreaming dreams no mortal ever dared to dream before | But the silence was unbroken, and the darkness gave no token [...] | poe (the raven)

John Xisor
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Beitragvon John Xisor » Mi 30 Dez, 2009 18:05

Hi Miajost,

vielen Dank für deine Rückmeldung. Es freut mich, dass dir Luna besonders gut gefällt.
Miajost hat geschrieben:Eigentlich bin ich nicht ein Fan von so welchen Geschichten.

Welche Art Geschichten meinst du? Pairing-FFs oder Besenkammer-Romanzen ;)

Hallo Dani,

Blaise ist glaub ich gar nicht so ein übler Typ. Eingebildet, ja, aber nicht bösartig. Gerade weil Luna so einen außergewöhnlichen Charakter hat, könnte es ihr gelingen, Blaise mit ihrer Ehrlichkeit zu überzeugen, oder? ;)
Es war ja nur eine Spaß-Geschichte, gab nicht mal einen 1. Platz oder so. Ich mach gern bei solchen Challenges mit.
Dani California hat geschrieben: Nur Dracos Auftritt hab ich nicht ganz verstanden... ?

Snape auch nicht, deswegen ist er ihm auch nachgegangen ;)

Hallo Ashlyn,

die Geschichten rennen ja nicht weg. Früher oder später hast du bestimmt alle von mir durch ;) Erst einmal vielen Dank, dass du dir so viel Zeit für eine Review genommen hast. Es ist schön zu hören, dass gelacht werden konnte.

Blaise ist kurz gesagt ein Snob. Er ist reich, reinblütig und bildet sich eine Menge auf seine Herkunft und sein gutes Aussehen ein. Man darf aber auch nicht vergessen, dass er nur ein Teenager ist, der vielleicht noch die vielleicht hochnäsige Ansicht seiner Mutter als die eigene ausgibt, ohne sich mal wirklich Gedanken gemacht zu haben. Dazu zwingt ihn jetzt Luna – zum Nachdenken. Sie ist ein echtes Vorbild, weil sie selbst keine Vorurteile hegt. Sie beobachtet Leute nicht nur (wer achtet schon darauf, wen Mr. Filch im Laufe des Tages ansieht?), sie scheint aus ihnen wie aus einem Buch zu lesen. Wenn dir hier schon gefällt, wie Luna dargestellt wurde, wird sie dir in der langen Schatten-FF auch gefallen. :D

Liebe Grüße,
Muggelchen
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