Kinder und Eltern

Ripper
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Beitragvon Ripper » Mi 21 Mai, 2008 18:54

Ich hab auch ma nen Klaps bekommen und bin nun wahrlich kein Kind von Traurigkeit geworden ;-)
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Flexi
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Beitragvon Flexi » Mi 21 Mai, 2008 22:19

So, also ich als betroffenes und verprügeltes Kind kann nur sagen, dass es mir bestimmt nicht geschadet hat, dass Tess ab und zu mal die RESET-Taste bei mir gedrückt hat.. Und aus mir ist auch so was geworden.. Genauso wird aus meinen Geschwistern auch was ;) Man muss halt seine Grenzen kennen und kennenlernen ;)

So, und zum Feuer.. Ich als Feuerwehrfrau kann nur bezeugen, dass Feuer etwas unheimlich anziehendes an sich hat.. und das nicht nur für Kids ;) Ich weiß nicht, ob ich ruhig bleiben würde, wenn mein Spössling so sorglos damit umgehen würde...
In unserem Landkreis besuchen wir regelmäßig Kindergärten und Schulen für die Brandschutzerziehung. Dort werden auch unter anderen diese Bilder gezeigt:

Dies ist Jacqueline Saburido, aufgenommen am 19.September 1999

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Jacqueline war nur ca 45 Sekunden einem brennenden Fahrzeug gefangen, aber sie hat dabei schwere Verbrennungen erlitten. Nach dem Unfall musste Jacqueline über 40 Operationen über sich ergehen lassen.


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Ich denke, die Botschaften versteht jeder!

Die ganze geschichte findet ihr unter:
http://www.kreudenstein-online.de/Brief ... folgen.htm
________________Bild

Show me how to lie // You're getting better all the time // And turning all against one // is an art thats hard to teach

Harrik
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Beitragvon Harrik » Do 22 Mai, 2008 01:06

Nun da du uns gefragt hast wie wir reagieren würden Tess würde ich dich gerne etwas fragen: Du sagst immer es schadet nichts / hat noch niemandem Geschadet. Ganz abgesehen davon das wir hioer schon gegenteilige berichte gehört haben. Bringt es denn was? Denn selbst wenn es es nicht schaden würde sollte Gewaltausübung in welcher Form auch immer und gerade vor Kindern gar gegen Sie nicht die Allleralleraller letzte Wahl sein, wenn überhaupt? Das es nicht schadet - was ich anders sehe - ist da keine ausreichende begründung für mich. Wenn wir alles tun würden was nicht schadet...
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Goddess of Rock
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Beitragvon Goddess of Rock » Do 22 Mai, 2008 07:36

Weil ich weiß, dass Du ein gutes Verhältnis zu Deinen Kids hast.
Das ist mir schon die ganze Zeit bewusst.
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Teardrop Cherry
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Beitragvon Teardrop Cherry » Do 22 Mai, 2008 07:48

Also ich muss sagen ich wurde ein einziges mal geschlagen. Da war ich ungefähr 2 Jahre alt. Meine Mutter holte mich gerade von der Kinderkrippe ab. Ich wollte unbedingt noch ein Eis haben, habe aber keins bekommen. Ich hab dann meine Hand ausgeholt und wollte meiner Mutter ins Gesicht schlagen. Doch dann hatte ich die 5 Finger im Gesicht. Meine Mutter sagt ihr selbst hat es mehr wehgetan als mir.

Ich weiß nicht ob ich in dieser Situation sagen kann ob es mir geschadet hat oder nicht. Aber im angesicht darauf, dass ich wohl nicht mehr geschlagen wurde also auch nichts mehr schlimmes getan habe, würde ich sagen ich habe daraus gelernt.

Aber mal zu der Frage ob es schadet oder nicht:
Meine Mutter hat mit 16 versehntlich ihr Zimmer abgefakelt. Es war sogut wie alles abgebrannt und mein Opa hat 4 Wochen lang nicht mit ihr geredet.
Meine Mutter erzählt mir immer sie hätte lieber einen "schlag" ,"klaps" oder ähnliches bekommen dann wüsste sie wenigstens warum.

Ich weiß nicht ob ich meine Kinder später mal schlagen werde. Aber ich glaube weil ich ohne Gewalt aufgewachsen bin werde ich sie eher nicht schlagen.
Oh, my God, I feel it in the air telephone wires above are sizzling like a snare
Honey, I'm on fire, I feel it everywhere nothing scares me anymore

Lana Del Rey - Summertime Sadness

Goddess of Rock
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Beitragvon Goddess of Rock » Do 22 Mai, 2008 13:15

Arrrgghhh... Kinder!!

Grade ruft Seans Vater an. Und während es noch klingelt sage ich zu Sean, er soll seinem Vater NICHT erzählen, dass es mir nicht gut geht.
Könnt Ihr Euch nun vorstellen was der erste Satz war?

... meiner Mama gehts nicht gut ...
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Beitragvon Wehwalt » Do 22 Mai, 2008 16:27

Grünauge hat geschrieben:Er brauchte nur die Augenbraue einen Millimeter zu heben, und schon wussten wir: Aha, bis hier hin und nicht weiter.

Süß ... daher zieht Dich wohl auch Snape so in seinen Bann! :D

Aber zur Sache: Zunächst mal möchte ich festhalten, daß der Ausgang der Debatte ja das Wort "vermöbelt" war. Darunter verstehe ich etwas anderes als einen mahnenden Klaps. Ich befürworte auch letzteren nicht, aber ein Unterschied besteht schon.

Zum zweiten: Was ist, wenn ich keine Lösung zum Feuerproblem weiß? Ich sehe mich nicht im geringsten in Rechtfertigungszwang, genausowenig, wie wenn mich einer Fragen würde, wie man denn ein KZ ohne Peitsche beaufsichtigen sollte. Ich bin weder KZ-Aufseher noch Familienvater und darf mir dennoch ein Urteil über Recht und Unrecht erlauben. Wohlgemerkt, ich vergleiche keinen hier mit einem KZ-Wächter, ich meine nur, daß es keinen Argumentwert besitzt, mir meine Beurteilungsunfähigkeit vorzuhalten, weil ich keine dreifache Mutter bin. Selbst wenn es so sein sollte, daß es unmöglich ist, Kinder ohne Schläge in der Familie großzuziehen, muß ich nicht unbedingt eine Lösung anbieten. Ich habe noch nie behauptet, daß ich die leiblichen Eltern für geeignetes Erziehungspersonal halte.

Aber persönlich habe ich schon eine Vorstellung, wie ich mit einem zündelnden Kind umginge. Ich würde sagen, daß ich das Spiel mit dem Feuer auch sehr interessant finde und mit dem Kind mit Feuer spielen. Ihm zeigen, wie leicht es geschehen kann, daß etwas anbrennt, was man nicht anzünden wollte etc. Wenn, was geschehen kann, im Augenblick keine Zeit dafür ist, dann würde ich dem Kind versprechen, daß wir das bald machen (und wenn ich mein Wort gegeben hätte, es auch ganz zuverlässig einhalten), und ihm eindringlich klarmachen, daß ich von ihm erwarte, die kurze Zeit bis dahin keine Streichhölzer anzurühren und ihm sein Versprechen abnehmen. Und wenn es das Versprechen bricht? Trotzdem das versprochene Spiel mit dem Feuer anzetteln und ihm klarmachen, daß es sich auf mich verlassen kann, aber ich Gleiches von ihm unbedingt ebenfalls erwarte. Nach unserer gemeinsam erworbenen Erfahrung mit dem Feuer sollte es mir erklären, was wohl Schlimmes hätte geschehen können, als es unbeaufsichtigt in Bruch seines Versprechens trotzdem rumgezündelt hat. Ich würde auf jeden Fall das Kind spüren lassen, daß Verabredungen Gültigkeit haben. Wenn eine Seite sich nicht darauf verlassen kann, würde es irgendwann dies und jenes, was es sucht und womit es spielen will, aber wofür es auch Regeln gibt, nicht finden - und den Kommentar zu hören bekommen: "Naja, bei Dir kann man ja auch nicht wissen, ob Du machst, was Du versprichst." Ich glaube, daß dann die nächste Verabredung Gültigkeit hätte.
Man käme bestimmt nicht herum, in der Feuersache oder einer anderen einmal ein Machtwort zu sprechen - aber was ich auf jeden Fall vermeiden würde, wäre, daß das Gefühl aufkäme, daß meine Regeln eine Frage des Kräftevorsprungs wären. Dazu würde auch gehören, daß ich eingestehen müßtee, wenn ich mich geirrt habe, und gegebenfalls um Entschuldigung bitten. Kindern traue ich genügend Intelligenz zu, zu bemerken, wenn ich lüge oder unaufrichtig bin, und dann stehen sie vor der Wahl, es zu schlucken und sich als Schwächere zu unterwerfen, oder vom Wort Gebrauch zu machen, von dessen Wirksamkeit ich sie durch mein Verhalten überzeugen würde.
Kurz gesagt: Ich würde einem Kind als Lehrer auftreten und nicht als Erzieher. Das Kind soll lernen, daß ich einen Wissens- und Fähigkeitsvorsprung habe und meinen Teil dazu beitrage, diesen zu verringern. Und daß meine Gebote einen Grund haben.
Deswegen gefällt mir auch der Gedanke eines "Klapses" nicht: Weil ein entsprechendes Fehlverhalten von mir trotz allem dem Kind nie die Chance böte, mir auch einen Klaps zu geben, selbst wenn ich ihn verdient haben sollte.

Ich weiß, manche gestandenen Mütter hier werden nun sagen: Wolkenkuckucksheim - so ticken die Kinder nicht, und man hat dafür gar keine Zeit etc. Nun ja, dan gilt wieder oben Gesagtes: Wenn es nicht geht ohne Lüge und Gewalt, dann ist man ja auch nicht gezwungen, abhängige Schwächere in die Welt zu setzen.
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Mimmi

Beitragvon Mimmi » Do 22 Mai, 2008 18:29

Oliver Wood hat geschrieben:Ich persönlich finde die psychische Gewalt, die ja auch in enger Verbindung mit der körperlichen Gewalt stehen kann, wesentlich schlimmer als die körperliche Gewalt an sich


Dem kann ich nur zustimmen. Ich habe von meiner Mutter damals des öfteren eine gewischt bekommen – nicht mit der blossen Hand, sondern mit dem Handrücken, damit sich auch ja die Steine ihre Ringe in meinem Gesicht verewigen (laut meiner Mutter ein gutes Mittel Mädchen zu erziehen, weil es da ja um ihre Schönheit geht).
Ihr Vorgehen änderte sich jedoch, als ich in die Pubertät kam – der Psychoterror fing an.
Mit 12 Jahren bin ich auf eine Privatschule gekommen, das heiß für mich morgens um 4 in den Buss einsteigen, 9-10 Stunden Schule und Abends um halb 8 wieder nach Hause kommen, essen, HAs machen und danach noch lernen - vor Mitternacht kam ich selten ins Bett.
In den ersten Jahren ging das noch irgendwie, aber ab der 10. Klasse bin ich Jahr für Jahr mehr an meine Grenzen gestossen – meine Noten wurden schlechter, ich hab fast jeden Tag in meinem Zimmer gesessen und geweint, ich hatte eine Gürtelrose und dennoch wurde ich mit 39 Grad Fieber weiter zur Schule geschickt, bis ich mitten auf der Strasse zusammengebrochen war (der Arzt hat dann gesagt, das die Gürtelrose schon soweit ausgebreitet war, das ich nicht mehr länger als 2 Tage zu leben gehabt hätte).

Damals wusste ich nicht, warum ich so gelitten habe. Ich kam nach der Schule nach DE, begann mit meiner Ausbildung und lebte alleine.
Ab Ende des zweiten Lehrjahres vermehrten sich die Aussagen meiner Mutter, das ich nach der Abschlussprüfung wieder zurück „muss“, das sie schon eine Wohnung und ein Job für mich hat. Zu dem Zeitpunkt merkte ich schon, das ich mich zwischen 2 Stühlen fühlte und plötzlich begann die schlimmste Zeit in meinem Leben.
Wie aus heiterem Himmel bekam ich Panikattacken, wenn ich meine „eigenen“ 4 Wände verliess – mein Herz raste, ich sah alles schwarz, meine Knie zitterten, meine Hände waren triefnass...
Es hat lange gedauert, bis ich das alles überwunden hatte und heute kenne ich den Grund dafür – meine Eltern (mein Vater eher passiv) haben mir immer das Gefühl gegeben, das ich nichts wert bin, wenn ich schlechte Noten nach Hause bringe. Sie hatten mein Leben bereits komplett durchgeplant und diesem Plan musste ich folgen, schliesslich war die Schule nicht umsonst (ein Putzjob wäre nie in Frage bekommen, obwohl es mir egal war, wie ich mir meinen Lebensunterhalt verdiene „ich hab doch nicht Jahre Schulgeld bezahlt damit du jetzt putzen gehst – da hätte ich mir auch Klamotten kaufen können, anstatt in dich zu investieren“). Ich sollte nicht so eine Enttäuschung werden wie meine Schwester eine war (die ja nur Mutter ist).
Baute ich Mist wurde mir mit dem Heim für schwererziehbare Kinder gedroht, waren meine Noten schlecht, sollte ich auf ein Internat (oder halt noch weniger Schlafen und dafür mehr lernen), hatte ich andere Pläne für mein Leben wurde mir die Familie „gekündigt“

Meinen Eltern habe ich damals von meinen Panikattacken erzählt – mein Vater brach in Tränen aus (er verstand es zwar nicht, aber ich war halt seine kleine Tochter) und meine Mutter betitelte mich als Lügnerin „soetwas gibt es überhaupt nicht, wenn du schon Märchen erzählen willst um nicht nach Spanien zu kommen, dann denk dir was besseres aus“. Das bisschen Band, was uns beide bis zu dem Zeitpunkt noch zusammengehalten hatte, war kaputt. Irgendwann bekam ich einen Brief, das sie nun gar keine Kinder mehr hätte (meine Geschwister haben schon seit Jahren keinen Kontakt mehr zu meinen Eltern, wobei mein Vater auch nicht ihr Vater ist) und sie mir gehorsamere Kinder wünscht als wir es gewesen wären.

Heute kann ich sagen, das mir der Klapps auf den Hintern (den ich von meinem Vater des öfteren bekam) 1000 Mal lieber war als das, was meine Mutter sich geleistet hat. Der Klapps war wie ein Schlussstrich, danach war alles gegessen und keiner war mehr böse, der „Psychoterror“ allerdings war wie ein mürbe machen und es hörte einfach nicht auf.

Zu meiner Familie habe ich heute keinen Kontakt mehr und momentan bin ich auch nicht bereit dazu. Vielleicht gehe ich irgendwann wieder einen Schritt auf meinen Vater zu (und ich hoffe, das ich dann, wenn ich dazu bereit bin, nicht „zu spät“ sagen muss) – er ist der einzige, der seine Fehler einsieht und sie auch bereut – aber das ich zu irgendeinem Zeitpunkt nochmal Kontakt zu meiner Mutter aufbaue, bezweifle ich.

Nun dauert es nicht mehr lange und ich bin selber Mama – ich würde lügen wenn ich sage ich hätte keine Angst. Ich habe nicht vor mein Kind zu schlagen oder es irgendwie unter Druck zu setzen und dennoch – obwohl ich das alles selber durchgemacht habe – habe ich Angst, das ich dieselben Fehler bei meinem Kind wiederhole...

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Beitragvon Goddess of Rock » Do 22 Mai, 2008 19:02

*Mimmi traurig anschau*

Ich könnt weinen, wenn ich das lese, weil ich es so verdammt gut nachvollziehen kann.

Lass Dir von mir gesagt sein, dass Du Dich vielleicht manchesmal ertappen wirst, dass Du ansatzweise dieselben Fehler machst.
Aber Süsse, Dir sind die Fehler sehr bewusst, die Deine Mutter gemacht hat. Deswegen mache ich mir da keine Gedanken bei Dir, denn Du wirst merken, wenn etwas falsch läuft und dann kannst Du daran arbeiten.
Wenn sich ein Fehler nicht ständig wiederholt, dann verzeihen Kinder auch sehr schnell wieder. Die kleinen Mäuse sind einfach Klasse...
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Wehwalt
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Beitragvon Wehwalt » Do 22 Mai, 2008 21:11

Auch wenn Du die Schäden, liebe Mimmi, die Deine Eltern Dir zugefügt haben, wahrscheinlich nie restlos überwinden können wirst (ich kann auch nicht sagen, daß ich nicht noch schwer daran trüge), so freut es mich doch zu lesen, daß Du den Mut aufgebracht hast, einen sauberen Schlußstrich zu ziehen und den Kontakt zu diesen niederträchtigen, nichtswürdigen Personen abzubrechen, als deren Tocher Du das Unglück hattest, auf die Welt zu kommen. Ich hoffe, daß sie von Dir immer nur zu hören bekommen werden, daß es Dir gutgehe - das ärgert sie am meisten.
Natürlich gibt es allen möglichen Terror neben körperlicher Mißhandlung, der sich noch viel gravierender auswirken kann, und, wie mein verehrter ehemaliger Hauslehrer Oliver Wood ganz richtig erwähnt, die zwei Arten der Mißhandlung ergänzen sich zumeist und schließen keineswegs einander aus. Mimmis Geschichte hat mich wirklich mitgenommen - ich habe Harry Potters Leiden im Hause der Dursleys immer für etwas plakativ übertrieben gehalten und bin nun eines Schlimmeren belehrt.
Wie gesagt, ich würde als Verantwortlicher für das Wohl eines Kindes immer versuchen zu vermeiden, daß meine körperliche Überlegenheit eine Rolle spiele. Ich glaube wie Honey, daß das die Kinder schon merken und würdigen können, auch schon mit zwei oder drei Jahren.
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Beitragvon Goddess of Rock » Do 22 Mai, 2008 22:29

Marcus, Harry's Leben im Hause der Dursleys ist keineswegs plakativ.
Es ist leider Realität.

Ich hatte leider das Pech immer erwachsener zu wirken, als ich wirklich war, so dass mir immer unendlich viel aufgeladen wurde.
Neben den Haushalt machen, meine blinde Oma versorgen, übrigens auch mit Medikamenten, die Verantwortung für meine 5-jährige Nichte tragen, meiner Mutter bei ihren diversen Putz- und Zeitungszustelljobs helfen, durfte ich sogar noch in die Schule gehen.
Habe ich dieses Pensum nicht geschafft, wurde ich mit Nichtachtung bestraft, von Liebesentzug kann man gar nicht mehr sprechen, denn ich habe meine Mutter eh kaum zu Gesicht bekommen.
Wenn dann noch dazukam, dass durch meine Unzulänglichkeit ihr Ruf ins Wanken geriet, dann gab es auch Prügel. Und damit meine ich nicht die Klapse, um die es hier ging, sondern um Hundeleinen, Teppichklopfer oder Holzkleiderbügel.

Als ich 13 war fuhr sie allein in Urlaub. Liess mich zu Hause mit meiner Oma und meiner Nichte. Ihren Putzjob bei unserem Hausarzt und die 4000 Werbezettel verteilen sollte ich dazu übernehmen, denn es kam ja nicht in Frage, dass das Geld dafür an eine Urlaubsvertretung geht.
Aus einem Kurzschluß heraus habe ich dann einen Suizidversuch unternommen und habe irgendwelche Tabletten meiner Oma geschluckt.
Ich hab das einer Freundin erzählt, die einen Lehrer informiert hat und der hat dann die Polizei gerufen, die mich dann zum Arzt brachte.
Als meine Mutter wiederkam bekam ich erst mal Prügel. Der Arzt hat dann verboten, dass ich noch mal mit in die Praxis kommen darf zum Putzen.
Sie hat mir dann vorgeworfen ich hätte das ja nur getan, damit ich ihr dort nicht mehr helfen muss...
Mit 7 war ich nachts allein zu Hause, weil meine Mutter nachts gearbeitet hat.
Ganz ehrlich, heute wo mein Sohn auch 7 ist, kann ich nicht mehr nachvollziehen, wie meine Mutter mich hat allein lassen können. Ich fange jetzt gerade an, Sean mal für eine halbe Stunde allein zu lassen, wenn er keine Lust hat mit einkaufen zu gehen, allerdings weiß er, wie er mich jederzeit auf dem Handy erreichen kann und ruft dann auch regelmässig alle 5 Minuten an *lach*
Für mich war meine Mutter Nacht für Nacht unerreichbar.
Und egal was ich machte, es war nie gut genug.
Aber ich verzettel mich gerade.
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Mimmi

Beitragvon Mimmi » Do 22 Mai, 2008 23:45

Ich finde es schon erschreckend, wie viele Menschen in einer relativ kleinen Gruppe (der aktiven User) grausames erlebt haben.
Nichts davon ist 1:1 vergleichbar und für manche mag das auch nicht nachvollziehbar sein, aber für diejenigen die das erlebt haben, ist das die Hölle auf Erden.

Das ein Kind einfach so für Wochen alleine gelassen wird ist unvorstellbar, aber leider wahr – ich selber wurde mit 12 Jahren 3 Wochen auf GC alleine gelassen, weil meine Mutter nach DE in den Urlaub gefahren ist. Ich erinnere mich noch, wie stolz meine Mutter damals war, weil ich ja so verantwortungsbewusst gewesen bin – ich allerdings fühlte mich nur alleine und im Stich gelassen.

Ich weiss nicht, ob den Eltern überhaupt bewusst ist, was sie da alles anrichten, wie viel sie in dem Kind zerstören – meiner Mutter ist jedenfalls nicht bewusst (zumindest sieht sie nicht ein, irgendeinen Fehler gemacht zu haben). Die Folgen sind dann meistens jahrelanges Leiden, Therapien, Selbstzerstörung, Unfähigkeit Gefühle zu zeigen und das alles nur, weil man nicht „perfekt“ genug oder eine Last war.

Wie Honey schon sagte, sowas ist leider ganz und gar nicht plakativ – hinter jeder Haustür verbirgt sich ein Geheimnis. Nicht alle haben etwas mit Gewalt zu tun, aber sehr viele eben schon und wenn man genau hinsieht, kann man das den meisten Menschen sogar ansehen, ohne hinter die Türen zu gucken.
Alkohol- und Drogenkosum (das war damals meine Lösung um ein wenig zu „vergessen“), Schnittwunden, lichte Stellen auf dem Kopf, starke Akne (ja, die kann auch psychisch bedingt sein), Über- und Untergewicht und so weiter...
Oh Mann, wie oft hab ich mir damals gewünscht, das jemand hinter unsere Tür guckt und das ganze ach so perfekt aufgebaute Kartenhaus meiner Eltern zum einstürzen bringt...

Grünauge hat geschrieben:Bei manchen Leuten fragt man sich wirklich, als was sie ihre Kinder eigentlich sehen: Als Eigentum? Aushängeschild? Arbeitssklaven, an denen man von Zeit zu Zeit seine Wut auslassen kann? Und dann wundern sie sich auch noch, wenn die Kinder dann nichts mehr mit ihnen zu tun haben wollen......


Hmm.. ich glaube meiner Mutter ging es darum, das ich das Leben lebe, das sie gerne gehabt hätte. Natürlich hörte man auch ein „Was sollen denn die Leute denken?“, aber das war eher selten. Bei uns drehte es sich zu 99% nur darum, welche Leistung ich gebracht habe und darum, wie enttäuscht sie von mir war, wenn ich schlechter als 2 abgeschnitten hatte oder Mist gebaut.
Sicherlich gab es bei uns zu Hause auch Momente in denen gekuschelt wurde, allerdings immer nur zu ihren Bedingungen – das heisst, wenn es mir wirklich schlecht ging und ich einfach mal einen Arm brauchte, hiess es „hör auf zu heulen, stell dich net so an, bist selber dran schuld, das Leben ist kein Zuckerschlecken......“, aber wenn es ihr schlecht ging, musste ich sie in den Arm nehmen und musste ihren Mülleimer spielen.

Goddess of Rock hat geschrieben:Aber Süsse, Dir sind die Fehler sehr bewusst, die Deine Mutter gemacht hat. Deswegen mache ich mir da keine Gedanken bei Dir, denn Du wirst merken, wenn etwas falsch läuft und dann kannst Du daran arbeiten.
Wenn sich ein Fehler nicht ständig wiederholt, dann verzeihen Kinder auch sehr schnell wieder. Die kleinen Mäuse sind einfach Klasse...


Danke schön, Honey – es tut gut so etwas zu hören :knuddel:

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Beitragvon Goddess of Rock » Fr 23 Mai, 2008 09:30

Mimmi hat geschrieben:Oh Mann, wie oft hab ich mir damals gewünscht, das jemand hinter unsere Tür guckt und das ganze ach so perfekt aufgebaute Kartenhaus meiner Eltern zum einstürzen bringt...

Danke schön, Honey – es tut gut so etwas zu hören :knuddel:


Oh Mimmi, diesen Wunsch kann ich sehr gut nachvollziehen... auch heute immer noch.
Wenn ich mir heute überlege, wie viele Menschen wussten, dass ich nacht für nacht allein zu Hause war, dann dieser Arzt der zugelassen hat, dass ich mit 9 Jahren teilweise seine Praxis alleine putze, so viele Leute, die gesehen haben dass ich nachts im Dunkeln Zeitungen ausgetragen habe und diesen schweren Wagen alleine ziehen musste...

Ich kann es nicht nachvollziehen, jetzt noch weniger, da ich selber ein Kind hab. Natürlich muss Sean zu Hause auch Helfen. Mal die Spülmaschine mit ausräumen oder den Frühstückstisch decken... aber immer angemessen und ich muss eigentlich (bis jetzt) nie drauf bestehen, weil wir meistens alles gemeinsam erledigen.

Was ich festgestellt hab ist, dass es super funktioniert, wenn wir einen Deal machen. So a la, Du hilfst mir in der Küche und ich helf Dir dafür in Deinem Zimmer.
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Serena
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Beitragvon Serena » Fr 23 Mai, 2008 10:08

Tja.. wie gesagt, ich kenn das alles auch zu gut, habe aber damit abgeschlossen und meinem Vater sogar eine zweite Chance eingeräumt. Ich muss aber auch dazu sagen, das mein Vater sich geändert hat. Zwar nicht wirklich einsichtig ("Ich hab nie was schlimmes getan") aber er ist anders.
Wenn ich daran denke, kommen mir die Tränen. Es ging bei uns immer alles nur um Gewalt.
Wir brauchten nicht einmal etwas ausgefressen zu haben, es reichte schon, wenn wir im Weg waren und schon wurden wir gegen die Heizung gepfeffert oder die Kellertreppe runter geworfen. Wir, damit meine ich meinen älteren Bruder und mich. Wenn mein Bruder sich geweigert hat, seine Hausaufgaben zu machen, kam auch der Gürtel zum Einsatz oder Baumaterial, das mein Vater gerade da hatte (arbeitete als Metall - Schweißer o.ä).
Wenn man sich heute mal den Kopf meines fast 28 Jährigen Bruders ansieht, sieht man etliche Narben. Und meine Mutter weiß noch von jeder Lüge, die sie im Krankenhaus erzählen musste...

Meine Mutter hat ja auch die volle Breitseite abbekommen. Ich will jetzt nicht ins Detail gehen.. hm..
Ich weiß noch, als ich 3 oder 4 war, da wurde ich nachts wach und hörte meine Mutter weinen. Mein Bruder weinte auch. Ich habe nichts gesagt, ich wusste, was los war. Wir haben in dieser Nacht alle im Bett meines Bruders geschlafen und keiner hat was gesagt...
Ich habe soviel verdrängt, weil meine gesamte Kindheit zum großen teil von Angst geprägt war. Ich habe auch vergessen, das mein Vater mich regelmäßig im Keller eingesperrt hat und ich deswegen eine Keller - Phobie habe. Und ich hab mich wirklich immer gefragt, warum ich eine solche Angst vor Kellern habe...
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kendra
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Beitragvon kendra » Fr 23 Mai, 2008 10:15

Meine Güte wenn ich so lese, wie die Kindheit von so manch einem hier war, bin ich meinen Eltern noch dankbarer, das ich so eine schöne, unbeschwerte Kindheit verleben durfte.
Es ist mir unbegreiflich wie man so grausam zu seinen Kindern sein kann, die doch so abhängig von einem sind.
Ich bin als Mutter eher der Typ, der seinem Kind alles zu leicht macht und ihm viel abnimmt, da denk ich mir auch oft, das ist auch nicht optimal für sein späteres Leben, aber obwohl ich das weiß, kann ich nicht aus meiner Haut.
Ob das gewalttätigen od. gleichgültigen Eltern auch so geht?
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~~ Wir Frauen sind Engel. Bricht man uns die Flügel, fliegen wir auf Besen weiter ~~
~~ Echte Männer essen keinen Honig, echte Männer kauen Bienen ~~